Handball im medialen Abseits: Mal gucken, wie sie sich so machen
Die Frauen-WM in Spanien zeigt, was passiert, wenn Sport bloß als Event präsentiert wird. Die Athletinnen kämpfen nur noch um Aufmerksamkeit.
N och bis kurz vor Weihnachten wird die Handball-WM der Frauen in Spanien ausgespielt. Ein Weltturnier, das vor vier Jahren in Deutschland stattfand und medial ordentlich präsentiert wurde: Journalistisch wurden Gruppen- und Finalspiele im Fernsehen begleitet und aufbereitet.
Noch früher, etwa als das Turnier 1997 schon mal in Deutschland stattfand, oder gar in den Siebzigern, als die DDR dreimal Weltmeister wurde, waren das noch größere Medienevents, auch wenn man gerade diesen Begriff damals nicht verwendete. Eine WM wurde halt selbstverständlich im Fernsehen übertragen. Heute zeigt sportdeutschland.tv die Spiele, ein Onlinesender, der vor zehn Jahren vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gegründet wurde, damit Nischensportarten überhaupt noch ihr Publikum erreichen. Dass darunter neue Disziplinen wie Ultimate Frisbee oder Wakeboard sind, mag man vermuten, aber tatsächlich hat der Verdrängungswettbewerb mittlerweile auch Klassiker wie Rudern oder Fechten dorthin verbannt. Und eben Handball.
Sieger sind bekanntlich der Profifußball der Männer, die Formel-1, und ab und an ploppt auch noch Profiboxen auf, Biathlon nicht zu vergessen. Dass es noch vor wenigen Jahrzehnten Standard war, dass öffentlich-rechtliche Sender von Ereignissen wie Deutschen Meisterschaften im Schwimmen oder der Leichtathletik täglich berichteten, mag man sich gar nicht mehr vorstellen.
Heute sind die nicht mal mehr bei WMs mit ganz großen Übertragungen vor Ort. Alle vier Jahre bei Olympia muss mittlerweile reichen. Und auch dessen mediale Bedeutung wird ja angegriffen, wenn der Weltfußballverband Fifa laut darüber nachdenkt, sein Topereignis, die Fußball-WM, alle zwei Jahr stattfinden zu lassen.
Eventisierung des Sports
Dass der DOSB einen eigenen Sender gründete – bei dem seit wenigen Jahren Pro7 Mehrheitseigner ist – gehört zu den Strategien, wie olympische Sportverbände auf die Herausforderungen der erfolgreicheren Profisportarten reagieren. Das Format „Finals“ hat sich dabei als relativ erfolgreich erwiesen: ein Multisportevent, bei dem an einem Wochenende 18 deutsche Meisterschaften ausgetragen werden. Eine Art nationales Miniolympia, das für größere Aufmerksamkeit sorgt.
Als weniger geeignet haben sich Versuche der Verbände erwiesen, etwa von den Dritten Programmen zu fordern, sie sollten nicht immer nur „Tatort“ abnudeln, sondern ihren Programmauftrag dergestalt erfüllen, dass bei ihnen Wettkämpfe zu sehen sind, die in der „Sportschau“ oder dem „aktuellen Sportstudio“ schon lange nicht mehr laufen.
Doch gleich welche Gegenstrategie die Verbände austüfteln: Sie müssen immer das, was sie aus dem medialen Schatten herausholen wollen, als glänzendes Event inszenieren. Event heißt: HIer gibt es Stars, hier geschehen Dramen, wer hier nicht hingeht, verpasst etwas. Alles, was nicht Männerbundesligafußball ist, wird als supertolles Ereignis inszeniert.
In den Sozialwissenschaften spricht man von Eventisierung. Die dient nun keinesfalls der Förderung des Sports, sondern sie wird zur Imagebildung genutzt: Ob ein Rockfestival, eine mit allem Tamtam inszenierte Kunstausstellung oder eine Handball-WM stattfinden, ist ziemlich egal. Ein Event ist ja ein einmaliges Event und soll kurzfristig für Aufmerksamkeit sorgen. So war das mit der Handball-WM 2017 in Deutschland, und deswegen schauten hiesige Medien damals auch genauer hin.
Dieses Jahr wird in Spanien gespielt, das deutsche Team, das übrigens gar nicht favorisiert ist, hat am Donnerstag sein Auftaktspiel gegen Tschechien mit 31:21 gewonnen. Darüber hat die „Tagesschau“ zumindest kurz berichtet.
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