: Amthor und die Fotos
Wer rast, gibt seinen Führerschein ab. Nicht so Philipp Amthor: Der CDUler will den Lappen behalten
Aus Berlin Marilena Piesker
Erst Pimmelgate, jetzt Blitzerfoto – der Streisand-Effekt hat mal wieder zugeschlagen, und Twitter ist um ein Hashtag reicher: Nach der jüngsten Pimmel-Affäre rund um den Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) musste nun auch Politiker Philipp Amthor lernen, dass es manchmal besser ist, keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Das Amtsgericht Pasewalk hatte den Vorsitzenden der CDU-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern im Bundestag kürzlich wegen Raserei verurteilt. Amthor soll seinen Führerschein für einen Monat abgeben und eine Geldstrafe von 450 Euro zahlen, wie der 29-Jährige am Dienstagabend der Deutschen Presseagentur bestätigte.
Bekannt wurde der Vorfall allerdings erst, weil Amthor offenbar die gerichtlich verhängte Strafe nicht akzeptieren wollte. „Ich habe mich in dem Verfahren selbst gar nicht eingelassen, sondern über einen facherfahrenen Anwalt einige Rechtsfragen prüfen lassen“, äußerte sich Amthor dazu.
Im vergangenen Jahr soll der CDU-Bundestagsabgeordnete mit 120 km/h durch eine Tempo-70-Zone gerast sein – 50 km/h zu schnell. Amthors Anwalt hingegen behauptete vor dem Amtsgericht, Amthor sei nicht der Fahrer gewesen. Blöd nur: Ein Blitzer hatte Amthors Raserei zweifelsfrei dokumentiert. Auf dem Blitzerfoto soll eindeutig das Konterfei des CDU-Politikers zu erkennen sein. „Natürlich reklamiere ich dabei keine Sonderrechte auf zu schnelles Autofahren, aber es ist auch nicht unanständig, einen Bußgeldbescheid gerichtlich überprüfen zu lassen“, erklärt Amthor sein Verhalten. Das stehe jedermann zu.
Vielleicht war es nicht unanständig, aber möglicherweise unklug: Denn höchstwahrscheinlich hätte niemand von der Raserei mitbekommen, hätte Amthor Bußgeld und Fahrverbot einfach akzeptiert. So erntet der CDU-Politiker auf Twitter unter dem Hashtag #Blitzerfoto viel Häme und Unverständnis für seine Aktion. Einige Twitter-Nutzer*innen schlugen sogar vor, Amthor direkt zum nächsten Verkehrsminister zu ernennen – und damit zum Nachfolger des womöglich unbeliebtesten Ministers Andreas Scheuer (CSU) zu machen.
Im Zuge dessen könnte man sich auch die Frage stellen, wer mit Amthor möglicherweise noch auf dem Blitzerfoto zu sehen ist? Denn bislang bewies Amthor kein gutes Händchen damit, mit wem er sich so ablichtet: Erst im Juli geriet Amthor wegen eines Gruppenfotos in Bedrängnis, das den 29-Jährigen mit zwei Neonazis zeigte. Später betonte Amthor, die Personen nicht zu kennen, ein rechtsextremes T-Shirt-Motiv sei ihm nicht aufgefallen.
Noch ist das gegen Amthor verhängte Urteil nicht rechtskräftig. Das würde das Fahrverbot erst dann gelten, wenn er keine zulässige Rechtsbeschwerde einlegt. Allerdings prüft der CDU-Politiker gerade, ob er gegen das Urteil vorgehen möchte. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wird Amthor zum Wiederholungstäter: Seinen Führerschein muss der Politiker dann bereits zum zweiten Mal wegen zu schnellen Fahrens abgeben.
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