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Inflationmit Ansage

Knapp ein Jahr nach der Währungsreform legt die Regierung in Kuba Zahlen zur Teuerung vor. Die ist astronomisch hoch

Von Knut Henkel

Bis zu 80 kubanische Peso kostete eine Flasche Speiseöl vor der Währungsreform vom 1. Januar 2021. Gut zehn Monate später sind für die gleiche Menge des in der Küche des Landes wichtigen Nahrungsmittels selten weniger als 350 kubanische Peso zu berappen – wenn es denn überhaupt angeboten wird. „Fast alles ist knapp in Kuba, Grundnahrungsmittel, Reinigungs- und Kosmetikartikel, auch Produk­tionsmittel“, sagt Omar Everleny Pérez. „Das schlägt sich in Preisen nieder, die nur eine Richtung kennen.“ Für den Analysten und ehemaligen Leiter des Studienzentrums der kubanischen Wirtschaft ist das keine Überraschung. Eine Währungsreform mitten in der Pandemie umzusetzen und ohne begleitende Reformprojekte, sei riskant gewesen. „Mit dem Preisanstieg haben alle Experten, aber auch die Regierung gerechnet. Nur gab es da beachtliche Diskrepanzen“, so Everleny Pérez.

Ende Oktober hat der Leiter der Reformkommission erstmals konkrete Zahlen zur Teuerung vorgelegt. Demnach sind die Preise im staatlichen Einzelhandel seit Beginn der Währungsreform um rund 60 Prozent gestiegen. Im informellen Sektor, auf dem Schwarzmarkt und in den seit wenigen Wochen wieder geöffneten privaten Restaurants, den Paladares, betrage der Preiszuwachs aber bis zu 6.900 Prozent. Anschauliches Beispiel dafür ist ein Post nach einem Restaurantbesuch, der in den sozialen Netzwerken für ­Furore sorgte. Mehr als 11.000 Peso waren da einem überraschten Gast in Rechnung gestellt worden. Angesichts des offiziellen Mindestlohns von 2.100 Peso exorbitant. Allein ein Rindersteak schlug mit 940 Peso zu Buche.

Dass es so weit gekommen ist, ist auch für den kubanischen Sozialwissenschaftler Pavel Vidal völlig absehbar gewesen. „Dem zirkulierenden Geld steht kein Angebot gegenüber, auf der Insel wird zu wenig produziert“, sagt der im kolumbianischen Cali lehrende Finanzexperte. Schon im Sommer kalkulierte er mit einer Inflation von rund 900 Prozent, und nun kennt die Preisspirale nur eine Richtung: Sie dreht weiter hoch.

Ein Hintergrund ist die Liquiditätskrise der Regierung, die kaum über Devisen verfügt. Das sorgt dafür, dass der offizielle Wechselkurs von 24 Peso pro US-Dollar nicht bedient werden kann, sodass die Banken keine Fremdwährungen ausgeben können. Dadurch ist der in­formelle Währungsmarkt wichtiger geworden – und dort ­müssen für einen US-Dollar 68 kubanische Peso gezahlt werden.

Für die Bevölkerungsschichten, die keine Familie im Ausland haben, ist das eine Katastrophe. Denn immer wieder sind Produkte des täglichen Bedarfs nur in den Devisensupermärkten der Regierung zu bekommen – gegen harte Währung. Diese Läden würden prioritär bestückt, gab Wirtschaftsminister Alejandro Gil unlängst zu. Über sie würden Devisen eingesammelt, die die Regierung händeringend benötigt.

Ein Hoffnungsschimmer für die chronisch klammen Kassen in Havanna ist der am 15. November wieder öffnende Tourismus der Insel. Auf zahlungskräftige Kunden und ein Weihnachtsgeschäft setzen die Branche und auch viele Kleinanbieter, vom Restaurant bis zum Souvenirhändler. Das könnte laut Pavel Vidal die Inflation etwas bremsen. Doch noch viel wichtiger ist es, Landwirtschaft und Kleinhandel zu reaktivieren. Doch die nötigen Reformen wurden erst im Sommer auf den Weg gebracht – mit halbjähriger Verzögerung, kritisiert nicht nur Vidal.

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