Großer Ärger über den Maya-Zug

In Mexiko und in europäischen Städten protestieren Ak­ti­vis­t:in­nen gegen ein Bahnprojekt in Mexiko. Die indigene Bevölkerung vor Ort fühlt sich übergangen, Unternehmen kritisieren Vergabeverfahren

Die Maya-Ruinenstätte Xpujil im Bundesstaat Campeche. Künftig soll man mit dem Zug hinfahren können Foto: Benedict Des/Mauritius

Aus Oaxaca Wolf-Dieter Vogel

1.525 Kilometer Schienen, hochmoderne Züge, ausgefeilte Hotelanlagen – das mexikanische Touristenprojekt „Tren Maya“ versprach von Anfang an große Aufträge. Noch bevor Präsident Andrés Manuel López Obrador 2018 sein Amt übernahm, pries er die Chancen des Vorhabens an. Millionen Tou­ris­t*in­nen werde der Schnellzug auf der Halbinsel Yucatán von den Karibikstränden Cancúns zu den Maya-Ruinen und in den Regenwald bringen. Dafür brauche es große Investor*innen.

„Wir werden die Aufträge so ausschreiben, dass wir die besten Unternehmer bekommen“, kündigte Rogelio Jiménez Pons, der Leiter der für den „Maya-Zug“ zuständigen staatlichen Tourismusbehörde Fonatur, an. Konzerne aus aller Welt reichten Angebote ein, auch aus Deutschland. Gegen diese Geschäftspartner aus „Alemania“ gingen am Samstag Ak­ti­vis­t*in­nen in Deutschland und anderen Ländern auf die Straße. „Gegen Ökozid und Vertreibung“, so das Motto der Gruppen, die sich der indigenen zapatistischen Bewegung aus dem Bundesstaat Chiapas verbunden fühlen. Und „gegen die koloniale Schiene der Deutschen Bahn“.

Maya-Nachfahren in der Region befürchten, dass der Zug ihre Lebensgrundlagen zerstört und sie dazu zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Man habe sie nie gut über die Pläne informiert, kritisiert Jesús León Za von der indigenen Organisation CRIPX: „Wir wissen nicht einmal genau, wo der Bahnhof gebaut wird.“ Das widerspricht internationalen Abkommen. Dennoch und trotz des grünen Images, mit dem sich die Deutsche Bahn gern profiliert, hat sich die „DB Engineering & Consulting“ dafür beworben, das Projekt als Schattenbeobachter zu begleiten, das heißt, vor allem künftige Strategien und Entwicklungen zu entwerfen. Zusammen mit den öffentlichen spanischen Unternehmen Renfe und Ineco bekam der Konzern den Zuschlag. Mindestens drei Jahre lang wird ein Konsortium der Firmen die Umsetzung des Baus verfolgen. Kosten: 13,5 Millionen Euro. 8,6 Millionen Euro fallen für die Deutschen ab.

Darüber hinaus waren die Versuche deutscher Konzerne, in dem 6,5-Milliarden-Euro-Projekt ins Geschäft zu kommen, wenig erfolgreich. Im Mai entschied die Regierung, den Auftrag zum Bau von 42 Zügen an den französischen Hersteller Alstom zu geben. Das Unternehmen hatte Monate zuvor die Zugsparte der kanadischen Firma Bombardier übernommen, die in deren Werk in der zentralmexikanischen Stadt Ciudad Sahagún die Züge zusammenschweißen wird.

Für Verzögerung ist keine Zeit: Obrador will sein Prestigeprojekt bis 2024 fertigstellen

Der Siemens-Konzern, der in Mexiko im Energiesektor und anderen Bereichen involviert ist, blieb ebenso außen vor wie chinesische, italienische und weitere spanische Anbieter. Die Deutschen und andere Wettbewerber klagten erfolglos gegen die Ausschreibungsumstände und beantragten eine Fristverlängerung. Man habe nach nationaler Einbindung, Kosten, Fertigstellungstermin und Design entschieden, erklärte Fonatur-Chef Jiménez Pons. Ein wenig skurril erscheint die Vergabe. Alstom war am Bau der Metro-Linie 12 in Mexiko-Stadt beteiligt. Am 3. Mai brach eine Brücke der Bahn zusammen. 24 Menschen starben.

Auch der TÜV-Rheinland hatte sein Glück versucht. Das Unternehmen hatte sich darum bemüht, Sicherheitsbewertungen des Maya-Zugs vorzunehmen. Auch hier gab Fonatur bereits Anfang des Jahres einer mexikanisch-schweizerischen und einer spanischen Firma den Vorzug. Die „Humanressourcen“ des TÜV hätte das minimal nötige Pensum nicht erfüllt, hieß es. Die Deutschen klagten im Februar gegen das Ergebnis und zeigten sich empört. Schließlich habe man Fonatur bereits vorher in Sachen Maya-Zug beraten und deutsche Diplomaten und Unternehmer hätten schon 2019 mit Fonatur über den Tran Maya gesprochen, hieß es. Den Vertrag für die unabhängige Sicherheitsbewertung hat dennoch die Konkurrenz unterschrieben. Für Verzögerung ist keine Zeit: López Obrador will sein Prestigeprojekt während seiner Amtszeit bis 2024 fertigstellen. Anfang 2023 soll Alstom den ersten Probelauf des Zugs, der in seinem Design traditionellen Mayamustern nachempfindet, an den Start bekommen.