Semesterstart in Berlin: Endlich wieder Uni-Leben

Nach drei Semestern Onlinelehre ist der Teilpräsenzbetrieb an den Unis gestartet. Für das Hybridsemester gelten strenge Hygienekonzepte.

Studierende sitzen mit Masken in einem Hörsaal

Sie sind zurück: Studis an der FU Foto: dpa

BERLIN taz | Moritz Baumann ist glücklich. Drei Semester hat der 23-Jährige nur hinter seinem Laptop gesessen, wenn es ums Studieren ging. Am Montag vergangener Woche dann der lang ersehnte Augenblick: Semesterstart, so richtig. Der Student der Rechtswissenschaft sieht endlich wieder einen Hörsaal von innen mit DozentInnen, verschlafenen Blicken und Diskussionen unter KommilitonInnen. „Die vollen Hörsäle, der persönliche Austausch und ein gemeinsames Mittagessen in der Mensa haben mir besonders gefehlt“, berichtet er.

Es ist nicht so, dass Baumann das echte Unileben nicht kennt. Er hatte schon drei Semester Politikwissenschaft in Würzburg studiert, als die Pandemie kam. Die nächsten drei Semester folgte Lernen auf Abstand: online, ohne Partys, ohne großen Austausch, meist zu Hause in der Wohnung. „Gerade mein damaliger Studiengang lebte aber vom gemeinsamen Diskurs“, sagt der Student. „Der ist wegen Corona komplett weggefallen.“

Für mehrere zehntausend Berliner StudentInnen ist dieses Wintersemester sogar eine Premiere: Nach drei Semestern Onlinelehre betreten viele zum ersten Mal eine Universität. Am 18. Oktober öffneten die Berliner Hochschulen zum Vorlesungsbeginn ihre Türen für einen Teilpräsenzbetrieb.

Das Versprechen der Unis: so viel Präsenz wie möglich. Von den rund 4.500 Lehrveranstaltungen an der Humboldt-Universität (HU) sind nach deren Angaben mehr als 60 Prozent in Präsenz geplant. An der Freien Universität (FU) beträgt dieser Anteil 75 Prozent: Von den rund 5.200 Lehrveranstaltungen soll lediglich ein Viertel als reine Onlineveranstaltung angeboten werden. Besser noch: Dieses Hybridsemester soll den Übergang zur kompletten Präsenzlehre im Sommersemester 2022 darstellen – unter Einhaltung strenger Hygiene- und Registrierungskonzepte.

Jeder Sitzplatz hat einen Aufkleber mit einem QR-Code zum Scannen

Die Universitäten betreten darf nur, wer geimpft, genesen oder getestet ist. Die 3G-Pflicht ist aber nicht die einzige Regel, die StudentInnen beachten müssen, wenn sie die Vorlesungen in vollen Hörsälen und unter KommilitonInnen verfolgen möchten. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung hat sich mit den Hochschulen auf „Eckpunkte für das Wintersemester 2021/2022“ verständigt: Dazu zählen auch die Maskenpflicht und ein allgemeiner Mindestabstand von 1,5 Metern.

„Der Abstand kann bei uns fast nirgends eingehalten werden“, berichtet Baumann allerdings. Sein Studiengang Rechtswissenschaften zähle zu den größten der Universität, die Zahl der TeilnehmerInnen schätzt er auf 450. „In solchen Fällen tragen wir FFP2-Masken.“

Auch Datenerfassungen mittels QR-Codes müssen die StudentInnen in Kauf nehmen, wenn sie die Vorlesungen vor Ort verfolgen möchten. „Wir müssen am Eingang einen QR-Code mit dem Handy einscannen“, erzählt Moritz Baumann. „Daraufhin öffnet sich ein Registrierungsportal, auf dem wir unsere Daten eingeben müssen.“

Die Freie Universität nutzt ebenfalls ein QR-Code-basiertes Programm zur Kontaktnachverfolgung. Sogar jeder Sitzplatz der Hochschule bekommt einen Aufkleber mit einem QR-Code. BesucherInnen von Räumen scannen ihren Code anschließend mit dem Smartphone, füllen ein Formular mit Kontaktdaten aus und geben die Anwesenheitszeit an.

Warten auf die Technik

Im Wintersemester 2021/2022 sollen sowohl reine Präsenz- und Onlineveranstaltungen wie Mischformate stattfinden. Beim sogenannten Blended Learning finde beispielsweise Vorlesungen online statt, die dafür zugehörigen Übungstunden und Tutorien dagegen in Präsenz. Ein flächendeckender Parallelbetrieb mit einer gleichzeitigen Online-Übertragung der Präsenzveranstaltungen ist nach Angaben der Hochschulen allerdings nicht möglich. Denn um die Interaktion zwischen den Studierenden zu Hause und den Lehrenden vor Ort in den Hochschulen zu gewährleisten, brauche man entsprechende Technik, darunter Mikrofone und Kameras.

Die HU hat laut ihrem Sprecher Hans-Cristoph Keller bereits seit einem Jahr offene Bestellungen in diesem Bereich. „Die Ware kommt wegen Lieferengpässen im ganzen Land verspätet an“, sagt er. „Hunderte Universitäten brauchen auf einmal alle die gleiche Technik.“

Hans-Ulrich Heiß, als Vizepräsident der Technischen Universität zuständig für Lehre, Nachhaltigkeit und Digitalisierung, betont auf der Homepage der Hochschule, dass Studierende vor Ort sein müssen, wenn sie das Lehrangebot vollständig wahrnehmen wollen. „Ein paralleles Angebot können wir nicht leisten“, sagt er.

Die Stimmung ist gut, berichtet die FU

Nach der ersten Woche im Teilpräsenzbetrieb ziehen die Hochschulen eine erste positive Bilanz: „Die Fachbereiche haben mitgeteilt, dass die Stimmung unter den Studierenden gut sei und sich sehr viele freuten, wieder in Präsenz auf dem Campus sein zu können“, sagt FU-Sprecher Carsten Wette auf Anfrage der taz. Auch die Rückmeldungen bezüglich Kontrollen und Datenerfassungen sind laut Wette positiv: „Die Studierenden akzeptieren sie und nehmen sie an.“

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