: Bessere Integration von Arbeitsmigranten gefordert
Ob im Schlachthof, als Paketfahrer oder im Baugewerbe tätig: Arbeitsmigranten und ihre Familien brauchen dringend mehr Unterstützung, sagt die Caritas
Heribert Mählmann, Caritas
Die Integration von Arbeitsmigranten und ihren Familien ist aus Sicht der Caritas eine der wichtigsten Aufgaben in der Zukunft. „Wir sind auf diese Menschen angewiesen, sonst läuft unsere Wirtschaft nicht“, sagte am Mittwoch der Vorstandsvorsitzende des Caritas-Sozialwerks St. Elisabeth in Lohne (Kreis Vechta), Heribert Mählmann. Kommunen und die Unternehmen müssten sich Gedanken machen, wie sie besser integriert werden können.
Seit 2018 betreibt das Sozialwerk gemeinsam mit den beiden Landkreisen Vechta und Cloppenburg eine Rechtsberatungsstelle für Arbeitsmigranten in der Region. Inzwischen holen viele Arbeiter ihre Familien aus ihren Heimatländern nach Deutschland. Die Familien bräuchten Wohnraum und Unterstützung, sagte Mählmann bei der Vorstellung des Jahresberichts 2020.
Im vergangenen Jahr liefen bei der Beratungsstelle 318 Fälle auf – 42 Fälle mehr als im Vorjahr. Ein Grund für die größere Nachfrage sei, dass die Beratungsstelle bekannter geworden sei, sagte die Rechtsanwältin Marcella Bohlke. Jeder einzelne Fall habe eine Vielzahl von Beratungsgesprächen nach sich gezogen. 55 Prozent der Menschen, die beraten wurden, lebten bereits mit ihren Familien in der Region. Bei 29 Prozent lebte die Familie im Heimatland. 16 Prozent machten dazu keine Angabe.
Ein Großteil der Ratsuchenden kam aus Rumänien, gefolgt von Menschen aus Syrien, Bulgarien, Afghanistan, Polen, dem Irak und anderen Ländern. Neben der Schlachthofbranche arbeiten sie auch in der Reinigungsbranche, in der Logistik als Paketfahrer, saisonal in der Landwirtschaft, im Baugewerbe oder in der Gastronomie.
Die Beratungsstelle beschäftigte sich oft mit Unregelmäßigkeiten bei den Lohnabrechnungen, sagte Bohlke. Es sei aus Sicht der Betroffenen oft schwierig, die Unregelmäßigkeiten bei abgerechneten Arbeitsstunden oder Zuschlägen nachzuweisen. Seit Jahresbeginn gilt das Arbeitsschutzkontrollgesetz, das etwa in der Schlacht- und Fleischindustrie die Beschäftigung von Werkarbeitern in Kernbereichen untersagt. Das sei ein wichtiger Schritt gewesen, reiche aber nicht aus, sagte Mählmann.
Notwendig sei ein Rechtsanspruch für die Beschäftigten, die Daten der Arbeitszeiterfassung ausgehändigt zu bekommen, um schnell auf unkorrekte Abrechnungen reagieren zu können. Die Kontrolldichte sei zu gering. Auch die Fragen zur Unterbringung seien in dem Gesetz nur unzureichend geklärt.(dpa)
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