Kritik an Wahlkampfspot

Die CDU feiert Laschet in einem Video dafür, mit einem Coronaleugner zu sprechen. Dessen Verbindungen in die rechtsextreme Szene sind dokumentiert

Hardcore-Querdenker Thomas Brauner: Ein neuer CDU-Werbespot zeigt Laschet im Dialog mit einem Mann, der Impfen mit dem Holocaust vergleicht. Dazu sagt der Sprecher, die CDU suche Rat und rede „auch mit denen, die eine kritische Haltung haben. Ja, gerade mit denen“ Foto: Jens Schicke/imago

Von Matthias Meisner

Am Montagnachmittag, sechs Tage vor der Bundestagswahl, postete CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet auf seinem Facebook-Kanal einen Wahlkampfspot, in dem es in einer Passage um die Coronapolitik geht. Gesundheitsminister Jens Spahn kommt kurz ins Bild, dann der Virologe Christian Drosten. Und schließlich, in einer längeren Szene, der Coronaleugner Thomas Brauner, wie er bei einem Wahlkampfauftritt von Laschet Anfang September die Bühne stürmt und den CDU-Chef zum Dialog herausfordert. Dazu im Clip eine weibliche Stimme aus dem Off: „Erst denken, dann reden. Und auch mit denen, die eine kritische Haltung haben. Ja, gerade mit denen.“

Nicht mal eine Stunde nach der Veröffentlichung des Wahlkampfspots wurde bekannt, dass am Wochenende in Idar-Oberstein ein 20-jähriger Student von einem Coronaleugner erschossen wurde, nachdem er diesen bei seinem Job an einer Tankstelle auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte. Das konnte Laschet noch nicht wissen, als die Wahlwerbung online ging. Bekannt war aber bereits, wer Thomas Brauner ist.

Das Netz ist voll von Einträgen über den ehemaligen Busfahrer, der seinen Job verlor, weil er während seiner Fahrten Schulkinder aufforderte, die Masken abzulegen. Ein Video aus dem November 2020 zeigt ihn, wie er in einer Rede vor dem Würzburger Schloss im Zusammenhang mit den Corona-Impfungen davon spricht, es solle ein „Holocaust 2.0 eingepflanzt werden“.

Fotos zeigen, wie er gemeinsam mit dem aus seiner Sicht „großartigen“ rechtsextremen „Volkslehrer“ Nikolai Nerling bei sich zu Hause auf dem Sofa sitzt. Brauner spricht von „Lügenpandemie“. Im sächsischen Grimma trat Brauner bei einer Veranstaltung auf, die mit den Bannern der rechtsextremen Gruppierung Freie Sachsen beflaggt war. Mindestens pflegt Brauner enge Kontakte in die Neonaziszene, wenn er nicht selbst schon längst dazugerechnet werden muss. Nach dem Mord an der Tankstelle in Idar-Oberstein postete Brauner auf Telegram: „Das ist das Werk der Regierung!“

Über die Rolle Brauners ist mehrfach berichtet worden, nachdem sich Laschet bei der CDU-Wahlkampfkundgebung in Erfurt zum freundlichen Plausch mit Brauner bereitfand. Der Kanzlerkandidat wollte sich als souverän inszenieren, wohl auch in diesem Sinne hat die Szene Eingang in den Wahlkampfspot gefunden.

Fotos zeigen Brauner mit dem rechtsextremen „Volkslehrer“ Nikolai Nerling auf dem Sofa

Ex­per­t:in­nen wie die Buchautorin Heike Kleffner warnen schon seit Langem vor „Hetze, die zum,Abschuss‘ freigibt“. In dem Buch „Fehlender Mindestabstand“, das der Autor dieses Textes mit herausgegeben hat, beschrieb Kleffner im Frühjahr, dass die rechtsterroristischen Anschläge in Hanau, Halle und Istha bei Kassel, die Tätertypen und Beweggründe exemplarisch sein könnten für zukünftige politisch motivierte Gewalttaten, legitimiert durch die Hetzkampagnen der Coronaleugner-Bewegung. Dass die Coronaprotestler vielerorts den Schulterschluss mit der rechtsextremen Szene suchen, ist dokumentiert.

Der Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, vielfach Vertreter der Nebenklage in Rechtsterrorprozessen, twitterte am Dienstagabend: „Laschet will Coronaleugner und Nazis dazu bringen, im ,Kampf gegen die rote Gefahr‘ als kleineres Übel die CDU zu wählen. Nur weil dieses Pack ,Zecken‘ oder andere ermordet, wird er diese Linie nicht aufgeben.“

Ist das so? Einen dazu am Dienstagnachmittag übermittelten Fragenkatalog, unter anderem zu den Verantwortlichkeiten und der Intention des Videos, ließ das Konrad-Adenauer-Haus bis Mittwoch unbeantwortet.