In der Südheide regnet es Kalk

Wegen Übersäuerung werden in Niedersachsen Wälder gedüngt

Kalk regnet es am Montag vom Himmel über dem Lüßwald in der Südheide. „Über einen Zeitraum von etwa vier Wochen wird eine Waldfläche von 1.500 Hektar gekalkt“, teilten jetzt die Gemeinschaften der Niedersächsischen Landesforsten mit. 4.500 Tonnen Kalk würden ausgebracht – aber nicht nur mit einem Hubschrauber, sondern auch vom Boden aus.

Die Maßnahme dient dem Bodenschutz. Denn wenn der pH-Wert des Bodens zu niedrig und der damit zu sauer ist, schädigt das die Feinwurzeln der Bäume, sie können Nährstoffe schlechter aufnehmen und werden krankheitsanfälliger. Einige Forstämter und Privatwaldbesitzer bringen daher Kalk in den Boden ein, der den pH-Wert ansteigen lässt. Dabei zählt Niedersachsen laut einem Bericht der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg von 2014 zu den Bundesländern, in denen relativ intensiv gekalkt würde – was sich nicht alleine mit geologisch unterschiedlichen Ausgangsbedingungen erklären ließe. Die Landesforsten in Schleswig-Holstein etwa kalken seit 2008 gar nicht mehr, wie ein Sprecher der taz bestätigte. „Wir wollen möglichst wenig in die Nährstoffkreisläufe eingreifen.“

Für wirkungsvoll hält das Bundesministerium Ernährung und Landwirtschaft die Bodenkalkungen nach Auswertung der zweiten Bodenzustandserhebung, deren Messungen zwischen 2006 und 2008 vorgenommen worden waren. Die erste Bodenzustandserhebung hatte zwischen 1987 und 1993 stattgefunden.

„Dank verbesserter Luftreinhaltung, Waldumbau und Bodenschutzkalkungen haben die Waldböden begonnen, sich zu erholen“, teilte das Ministerium 2019 mit, die Böden enthielten weniger Säure. Dabei zeigt eine Deutschlandkarte, dass die Böden in Norddeutschland insgesamt niedrigere pH-Werte haben als in Süd- und Westdeutschland – allerdings mit großen regionalen Unterschieden.

„Saurer Regen“, der Anfang der 80er-Jahre als Verursacher des Waldsterbens ausgemacht worden war, hingegen ist heute nicht mehr verantwortlich für saure Böden. Denn seit 1983 sind Entschwefelungsanlagen in Fabriken und Kraftwerken vorgeschrieben, es gelangt also unter anderem sehr viel weniger Schwefeldioxid in die Luft, was sich mit Wasser in Schwefelsäure verwandelt. Die heute gemessenen pH-Werte seien „im Bereich der natürlichen, in Mitteleuropa zu erwartenden Werte“, heißt es auf der Homepage des Bundesumweltamtes. „Sauer“ macht den Boden heute die Landwirtschaft. Eiken Bruhn