berliner szenen: Fluffig und leicht muss er sein
Ich bin auf der Schönhauser auf dem Weg zur Eierschecke. Neulich habe ich bei meinen Streifzügen durch die umliegenden Quartiere einen anscheinend alteingesessenen Bäcker entdeckt, der diesen von mir geliebten Kuchen in erträglicher Qualität anbietet. Eierschecke ist entgegen der Meinung dieser Zeitung kein Obstkuchen – ich habe das seinerzeit vor Drucklegung noch beanstanden können –, sondern ein wunderbarer Blechkuchen, ein kleines Schichtwunder aus Hefeteig, Quark, Schmand und einem Topping, das fluffig und leicht sein muss. In Berlin kriegt das kaum ein Bäcker richtig hin. Überhaupt ist die Hauptstadt eine Blechkuchenwüste. Was da an Ramsch und minderwertiger Ware über die Ladentheke geht, spottet jeder Beschreibung. Autochthone Thüringer oder Sachsen, die sich in dieser Wüstenei zum ersten Mal bewegen, würden kaum glauben, wie tief hier die Standards sind.
Es geht also die Schönhauser runter. Mir kommen Schülerinnen entgegen, die zur FFF-Demo wollen. Sie haben bemalte Schilder dabei. Eine Göre hält mir ihr Exemplar ins Gesicht, als habe sie in mir einen Abtrünnigen entdeckt, den es zu bekehren gilt. Der Herr Papa zuckelt hinter ihr her, und er trägt, kein Schmäh, eine Latzhose wie seinerzeit Peter Lustig. Die Bioladenkette Alnatura wirbt an diesem Klima-Freitag nicht für Biogurken aus Brandenburg, sondern für FFF. Ein Hiwi hat auf den Aufstellern vorm Laden Herzchen um die Botschaften von Fridays for Future gemalt. Weiter unten versucht eine Kirchengemeinde, mit einem Klimagottesdienst auf die Dringlichkeit der Weltenrettung hinzuweisen.
Die Dringlichkeit meines Kuchenwunschs wird derweil jäh ausgebremst, denn angekommen vor der Bäckerei Krautzig hat diese zu. Geschlossen wegen einer „Havarie“. Was mag da wohl passiert sein? Sind die auch zu FFF gegangen? Markus Völker
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