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Positiver Geist mit Hansi

Im Spiel gegen Rumänien möchte die DFB-Elf den positiven Neubeginn unter Flick fortsetzen.Der Trainer will Mentalität und Intensität sehen

Aus Hamburg Frank Hellmann

Nicht jeden Tag herrscht das typische Hamburger Schmuddelwetter. Wäre auch schlecht gewesen für eine Handvoll Unentwegter, die brav zur Mittagsstunde vor dem Hotel Gastwerk im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld ausharrten. In dem roten Backsteingebäude mit seinen riesigen Glasfassaden ist die deutsche Nationalmannschaft für die WM-Qualifikationsspiele gegen Rumänien (Freitag 20.45 Uhr) und dann in Skopje gegen Nordmazedonien (Montag 20.45 Uhr/ beide RTL) abgestiegen. Ausdrücklich, das bekräftigte DFB-Direktor Oliver Bierhoff am Mittwoch aus einem Nebenraum des Komplexes, sind die Nationalspieler aufgefordert, zum Autogrammeschreiben rauszugehen.

Selbst wenn Fanliebling Thomas Müller zugegeben hat, deswegen im Zwiespalt zu stecken. „Ich sage den Fans, dass ein Foto auf zwei Meter Abstand okay ist.“ Er unterschreibe ungern, erläuterte der 32-Jährige dieser Tage: „Ich weiß selbst nicht so genau, wie ich mich bestmöglich verhalten soll.“ Wie es generell ein schmaler Grat ist. Noch immer befindet sich die längst nicht mehr in den Top Ten, sondern auf Fifa-Weltranglistenplatz 14. geführte DFB-Auswahl bei ihrem Weg zur WM 2022 in Katar auf einer Art Wiedergutmachungstour. Bundestrainer Hansi Flick will nach der erfolgreichen Trilogie gegen Liechtenstein (2:0), Armenien (6:0) und Island (4:0) nicht nur den nächsten Sieg sehen, sondern auch die Zuschauer gut unterhalten.

„Wir wollen bei der WM erfolgreich sein, nicht nur schön mitspielen. Unser Ziel ist es, dass sich alle wieder mit der Nationalmannschaft identifizieren.“ Für den 56-Jährigen geht das nicht nur über den sportlichen Erfolg, „sondern auch über die richtige Mentalität, die Intensität, das Engagement, die Gier. Das will der Fan von einer Mannschaft sehen.“ Erst recht nach der quälend langen Phase der Geisterspiele, die auf Vereinsebene wie bei den Nationalmannschaften durchgezogen wurden. Deswegen war es ja auch fast fahrlässig, dass Deutschland an den vielen Feierstunden mit Anhängern bei der paneuropäischen EM irgendwie nicht teilhaben konnte. Als dieses Turnier auf die stimmungsvolle Zielgerade bog, fehlte Löws falsch justiertes Ensemble. Im Grunde schrieb die vor allem beim Achtelfinal-Aus gegen England fast blutleere Mannschaft den Imageverlust von der WM 2018 fort. Dass man sich eher vom Bundestrainer Joachim Löw hätte trennen müssen, weiß eigentlich jeder – nur gibt es im Deutschen Fußball-Bund (DFB) kaum einer öffentlich zu. Die EM war eine verpasste Chance – außer Regenbogenaktionen ist vom deutschen Fußball nicht viel rübergekommen.

Bierhoff beteuerte nun, dass sich die Atmosphäre mit Flicks Amtsantritt („Aller Anfang hat Zauber inne“) deutlich verbessert haben. „Man spürt, dass ein positiver Geist herrscht, eine unheimliche Freude, bei der Nationalmannschaft zu sein.“ Er mache zwar „keine Messung, wie häufig die Spieler lachen“, aber eines könne er sagen: „Die dunkle Wolke ist verschwunden.“ Die Akteure hätten eben „kein Päckchen mehr zu tragen“. Das sollte ausdrücklich zwar keine Spitze gegen Löw sein, der übrigens mitsamt seinen Assistenten Andreas Köpke und Thomas Schneider bei der nächsten Länderspielmaßnahme in Wolfsburg offiziell verabschiedet werden soll, hörte sich aber irgendwie so an.

Fakt ist, dass Flick bei seinen Akteuren mit der offensiven Ausrichtung, aber auch deutlich enger gefassten Leitplanken gut ankommt. Wobei Bierhoff ausdrücklich vom Team verlangte, „den positiven Trend fortzusetzen“. Bloß nicht nachlassen, lautet das Motto: „Wir wollen zurück in die Weltspitze. Da zählt jedes Spiel, jedes Ergebnis.“ Der zu Beginn seiner Profizeit beim Hamburger SV unter Vertrag stehende 53-Jährige trug diese Forderung vielleicht auch deshalb vor, weil gerade das Volksparkstadion nicht immer ein gutes Pflaster für die deutsche Nationalelf war. Die heilsame Vorrundenpleite gegen die DDR (0:1) bei der WM 1974 oder das bittere Halbfinal-Aus gegen die Niederlande (1:2) bei der EM 1988 sind untrennbar mit der Elbmetropole verbunden – und auch das letzte Länderspiel endete in einer herben Enttäuschung: Nur blieb das 2:4 gegen die Niederlande im September 2019 im Rahmen der EM-Qualifikation letztlich folgenlos.

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