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Ein verkabelter Erwachsenenspielplatz

Eher inklusives Get-together als Nerd-Event: Am Mittwoch startet die Synthesizermesse Superbooth im FEZ

Von Jens Uthoff

Synthesizer haben in der Berliner Popgeschichte oft eine entscheidende Rolle gespielt, man denke etwa an die Berliner Schule und den sogenannten Krautrock, aber auch an aktuelle Modular-Synthesizer-Künstlerinnen wie Caterina Barbieri, Laurel Halo oder Lucrecia Dalt. Eine Veranstaltung wie Superbooth, die diesen Apparaten huldigt und die Synthesizer-Messe, Festival und (Erwachsenen-)Spielplatz zugleich ist, passt schon deshalb hervorragend an die Spree.

Seit 2016 gibt es die Superbooth als „Fachmesse für Musikinstrumente und Musik“ in der jetzigen Form, von Mittwoch an wird die erste Ausgabe unter Coronabedingungen im und ums FEZ in der Wuhlheide über die Bühne gehen. Bei der Superbooth präsentieren zum einen Hersteller ihre Geräte, aber es gibt genauso Angebote für Schülerinnen und Schüler, Talks und Workshops. Die Veranstaltung ist eher als inklusives Get-together zu verstehen denn als Nerd-Event.

Sowohl das Musik- als auch das Talkprogramm sind hochkarätig besetzt: Auftreten werden etwa Yann Tiersen, hackedepicciotto und Pole. Der Club Tresor kuratiert eine Außenbühne und feiert so zugleich sein 30-jähriges Jubiläum. Im Gesprächsprogramm werden Jean-Michel Jarre, der Filmmusik-Grande Reinhold Heil sowie der US-Synthesizer-Pionier Tom Oberheim zugeschaltet sein. Und in Zusammenarbeit mit der Hamburger Elbphilharmonie wird ein Workshop angeboten, bei dem Kinder und Jugendliche Field Recordings in der Umgebung einspielen können und lernen, aus diesen Musikstücke zu basteln.

Gastgeber ist Andreas Schneider alias Herr Schneider. Er betreibt seit vielen Jahren Schneidersladen am Kottbusser Tor, eine Anlaufstelle für Klangtüftler jedweder Art und Fachladen für viele Größen der elektronischen Musikwelt. „Für mich ist die Superbooth ein Gegenentwurf zur klassischen Messe in der Messehalle, wo sich die Leute schlecht gelaunt durch die Gänge schieben. Die Superbooth ist eine Mitmachmesse, ganz wesentlich ist für mich dabei zudem, dass sich Hersteller und Anwender begegnen und austauschen“, erzählt er am Telefon. Schneider will die Superbooth als Indiemesse verstanden wissen, bei der die „kleinen Firmen die anderen kleinen treffen“, ein entsprechender Underground- und D.I.Y.-Geist wird wohl auch durch die Wuhlheide wehen.

So wird Christian Zollner von der Weddinger Synthesizer-Schmiede Koma Elektronik die Geräte eines Spielplatzes verkabeln und auf diese Weise Sounds erzeugen, überdies kann man an einem Tape-Loop-Workshop teilnehmen.

Die Coronasituation führt dazu, dass der Park Wuhlheide mehr als sonst genutzt werden soll und es diesmal in Teilen eine Open-Air-Messe wird. Im FEZ-Gebäude haben die Organisatoren dagegen ein Einbahnstraßensystem eingerichtet, das die Besucherinnen durch die Messe leitet. Das sorgt indoor für eine Reduzierung der engen Kontakte, aber auch dafür, dass man wahrscheinlich alle Stände zu Gesicht bekommt und somit nichts verpasst.

In der Vergangenheit sind bis zu 8.000 Besucherinnen und Besucher zur Superbooth gekommen – dieses Jahr sollen sich in den Innenräumen maximal 500 Personen gleichzeitig aufhalten, dort gibt es verschiedene Zeitfenster, für die die Tickets gültig sind. Draußen sind 2.000 Personen zugelassen. Es wird erneut möglich sein, auf dem Wasserweg nach Oberschöneweide zu reisen, ab Berlin-Mitte ist ein Boot-Shuttle eingerichtet. Rund 150 Aussteller sind diesmal dabei, darunter auch die großen Hersteller wie Moog und Buchla. Interessant dabei, dass Moog nun auch eine Repräsentanz in Berlin-Neukölln (Moog Europe) eröffnet – die Eröffnungsfeier findet am Vorabend der Superbooth statt. Und Berlin wird noch ein Stück mehr zur Synthesizerhauptstadt.

Superbooth21, 15.–18. 9., FEZ Berlin, Oberschöneweide. Weitere Infos und Tickets unter www.superbooth.com

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