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Irgendwann vielleicht Olympia

Nachwuchstalente bei der Kieler Woche: Carl Krause und Max Georgi gehören zu den besten Seg­le­r:in­nen in ihrer Bootsklasse. Dabei sind sie gerade einmal 16 Jahre alt

Von Finn Walter

Oman, Valencia, Kiel: Carl Krause und Max Georgi sind viel unterwegs. In der Schule sind die beiden 16-Jährigen derzeit eher selten anzutreffen. Seit eineinhalb Jahren segeln sie in der vorolympischen 29er-Klasse – und das ziemlich erfolgreich. Bei der 29er-WM in Valencia Ende August wurden sie Dritte in der U17-Wertung.

Carl und Max kennen sich aus dem „Optimisten“, und schon in dieser Anfänger:innen-Jolle gehörten sie zu den besten deutschen Segler:innen. Im schnellen 29er konnten sie daran anschließen, obwohl der mit dem klobigen Kinderboot wenig zu tun hat: So ein 29er mutet eher wie ein überdimensionales Surfbrett an – und kippt einfach um, wenn man ihn ins Wasser stellt.

Um überhaupt mithalten zu können, ist neben dem Segeln selbst ein Fitnessprogramm Pflicht. Ohne ausreichende Rumpfstabilität fliegt man, wenn es schlecht läuft, einfach aus dem Boot. Aber auch sonst ist der Zeitaufwand für diese Beschäftigung immens: In der Weltspitze sind etwa 120 Wassertage im Jahr das Minimum. Um so viel segeln zu können, ist Max ins Sportinternat nach Rostock gezogen. Carl ist in der selben Klasse, wohnt aber noch bei seinen Eltern. Ihr Klassenlehrer war früher selbst Leistungssportler. „Deswegen hat der auch Verständnis für uns, wenn wir weg sind“, sagt Carl.

Die taz trifft die Nachwuchstalente während der Kieler Woche. Sie kommen gerade vom Wasser, und nach einer Besprechung mit dem Trainer ist Zeit für ein kurzes Interview. Carl und Max tragen noch ihre Neoprenanzüge und die Trikots der deutschen Nationalmannschaft. Wie ist es heute gelaufen? Nicht so gut, leider ist ihnen ein Frühstart unterlaufen. Für die entsprechende Wettfahrt nehmen sie nun die schlechteste Wertung mit. Immerhin: Ihre insgesamt schlechteste Fahrt wird am Ende gestrichen und zählt nicht für die Gesamtwertung. Aber Carl und Max dürfen sich keinen weiteren Patzer erlauben.

Eigentlich hätten sie gerade Schule, sind aber mal wieder vom Unterricht befreit. „Nächste Woche bekommen wir Einzelstunden mit unserem Klassenlehrer, damit wir den Stoff nachholen können“, sagt Max. Ihr Abitur ist von zwei auf drei Jahre gestreckt, so können sie den immer wieder verpassten Unterricht besser kompensieren.

Denn schon während der WM waren sie zweieinhalb Wochen lang nicht in der Schule. Und danach ist eigentlich erst mal Erholung angesagt. „Wir standen da sechs Tage nur unter Strom“, sagt Carl. Zwischenzeitlich führten sie in Valencia die Rangliste an – auch das sei nicht gerade gut gewesen für ihre Nerven.

Nicht zu segeln, ist für beide aber nur schwer vorstellbar. „Es ist ein abwechslungsreicher Sport und man kommt sehr viel rum“, sagt Max. Man lerne auch ständig neue Leute aus der ganzen Welt kennen. Oft trainieren die beiden mit internationalen Top-Teams, und einige davon werden sie im Dezember wiedersehen: Dann finden in Oman die diesjährigen „Youth Worlds“ statt. Bei diesem Event darf aus jedem Land nur ein Mädchen- und ein Jungsteam antreten. Carl und Max sind qualifiziert, weil sie bei der regulären WM die besten Deutschen waren.

„Wir standen da sechs Tage nur unter Strom“

Carl Krause über die Segel-WM

Wie es weitergeht nach der Schule ist noch ungewiss. Mit etwa 18 Jahren hören viele Seg­le­r:in­nen auf, nur wenige wagen den Umstieg in den 49er, die olympische Bootsklasse. Und dort haben die meisten das Segeln dann zum Vollzeitjob gemacht. Das Ziel ist dann die Olympia-Teilnahme, allerdings kann auch zu den Spielen immer nur ein Team aus jedem Land.

Darauf bereiten sich die Sport­le­r:in­nen zehn oder mehr Jahre vor, Ausbildung, Studium und Beruf sind hintangestellt. Für Carl und Max ist dieser Weg durchaus eine Option. Zuerst aber wollen sie sich auf den 29er konzentrieren und auf ihr Abitur. Carl möchte später als Lotse arbeiten. Max ist sich noch unsicher.

Bei der Kieler Woche landen die beiden am Ende auf Platz vier. Ohne den Frühstart hätten sie wohl jene Wettfahrt streichen können, in der sie nur 30. wurden – und Chancen auf den Sieg gehabt. Aber auch so ist ein vierter Platz ein starkes Ergebnis bei diesem Wettbewerb. Ihr Hauptaugenmerk ist nun erst einmal auf die kommende Deutsche Meisterschaft in Berlin gerichtet und die Europameisterschaft am Gardasee.

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