Senat stellt neue Corona-Beschlüsse vor: Mit dem Schul-Shuttle zum Impfen

Shuttlebusse und Auffrischungsimpfungen: Der Senat drängt darauf, mit größerem Schutz vor Corona in den Herbst zu gehen.

Das Bild zeigt eine Impfung in den Oberarm eines Kindes.

Der Senat will an Schulen Shuttle-Busse für die Fahrt zum Impfzentrum anbieten Foto: dpa

BERLIN taz | Angesichts der aktuellen Lage – steigende Infektionszahlen, aber gleichbleibend wenige Corona-Fälle auf den Intensivstationen – sagte Regierungschef Michael Müller am Dienstag nach der Senatssitzung: „Wir sind in keiner Situation, wo wir über Lockerungen reden, aber auch nicht über eine Verschärfung oder Schließungen.“

Die Landesregierung diskutierte erstmals seit zwei Wochen über die Coronalage: Vergangene Woche tagte kurz nach dem Senat die Ministerpräsidentenkonferenz – deren Beschlüsse wollte man abwarten. In Berlin betrug die 7-Tage-Inzidenz am Dienstag 66,2 gegenüber 45,8 vor einer Woche. Das ist bundesweit der zweithöchste Wert nach Hamburg mit 78,3. Die Intensivbettenauslastung hingegen lag wie vor sieben tagen bei 3,6 Prozent.

Ab Freitag gilt in Berlin wie von den Länderchefs vereinbart, dass der Zugang zu vielen Veranstaltungen und Angeboten nur noch für Geimpfte, Genese oder Getestete möglich ist. Das betrifft den Besuch im Friseursalon genauso wie den in Krankenhäusern und Pflegeheimen. In Hotels, Ferienwohnungen und ähnlichen Unterkünften ist bei Ankunft und dann an jedem dritten Tag ein Test vorzuweisen. Ausgenommen von der Testpflicht sind „religiös-kultische Veranstaltungen“, also etwa Gottesdienste.

Regierungschef Müller sieht in Impfungen weiter den zentralen Baustein im Kampf gegen Corona und ermunterte erneut, die Möglichkeiten dazu zu nutzen: „Es war noch nie so einfach, sich impfen zu lassen wie jetzt“, sagte er und verwies dazu auf mehr Impforte, mehr Impfstoff und mehr Erfahrung über die Wirkung der Impfungen, „die gut verträglich sind“.

Regierungschef Michael Müller (SPD) hat nach eigenen Worten am Dienstag in der Senatssitzung seine Regierungskollegen aufgefordert, sich auf die Ankunft von Flüchtlingen aus Afghanistan vorzubereiten: „Auch nach Berlin werden wieder mehr Menschen kommen.“ Mit Blick auf die chaotischen Bilder aus Kabul sagte Müller, es sei eine Situation entstanden, „für die man sich schämen muss, dass das nicht anders vorbereitet war, Menschen vor Ort zu helfen“. Das soll sich nicht wiederholen: „Es ist mein Anspruch, dass wir zumindest auf Berliner Ebene besser vorbereitet sind.“ In Afghanistan und seinen Nachbarländern zeichnet sich für Müller „eine humanitäre Katastrophe ab“, die wieder mehr Menschen nach Berlin bringen wird. „Wir können nicht jedem helfen“, sagte Müller, aber wir werden vielen helfen können.“ Mit Blick auf die Erfahrungen mit vielen Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 sagte er: „Ich weiß, dass nicht alles gut sofort geklappt hat, aber wir haben unterm Strich sehr vielen gut geholfen.“ (sta)

Müller berichtete von einem Schreiben, das er an führende Meinungsbildner und Entscheider der Stadt gerichtet habe, mit der Bitte, alles Mögliche für eine höhere Impfquote zu tun. Ein Ergebnis soll sein, dass der Chef der S-Bahn GmbH, Peter Buchner angeboten habe, „im Rahmen eines S-Bahn-Zuges etwas anzubieten“.

Zudem will Müller, zugleich Wissenschaftssenator, an die rund 200.000 Studierenden Berlins geschrieben und sie zur Impfung ermuntert haben. Die Hochschulen kehren nach drei Semestern Onlinestudium nun in den Präsenzbetrieb zurück.

Mit ähnlicher Absicht hatte sich Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) jüngst unter der Anrede „Liebe junge Berlinerinnen und Berliner“ per Brief an Minderjährige gewandt. Erst auf der Rückseite des Schreibens sprach die Senatorin dabei auch die Eltern an. Kritiker sahen darin den Versuch, in das elterliche Sorgerecht einzugreifen und die Kinder dazu zu drängen, bei ihren möglicherweise impfkritischen Eltern eine Impfung einzufordern. Das galt umso mehr, weil die Ständige Impfkommission zum Zeitpunkt des Briefes Ende Juli die Impfung noch nicht empfahl – das passierte erst diesen Montag.

„Ich kann die Kritik daran nicht nachvollziehen“, sagte Müller in der Pressekonferenz auf eine taz-Frage. Der Brief zeige Möglichkeiten auf und werbe fürs Impfen. „Ich finde es richtig, dass Frau Kalayci auf allen Ebenen Menschen anspricht.“ Müller mochte auch nichts Verwerfliches darin sehen, dass Kalayci die Minderjährigen direkt und nicht über ihre Eltern ansprach: Man diskutiere über ein niedrigeres Wahlalter von 16 Jahren oder weniger, „und dann darf ich 14-Jährige nicht anschreiben?“, fragte der Regierungschef rhetorisch.

Müller will auch an niedrigschwelligen Impfangeboten festhalten, die keine vorherige Anmeldung oder Registrierung erfordern. Nach seinen Zahlen haben 50.000 Menschen zusätzliche Impfmöglichkeiten bei Sonderaktionen auf Parkplätzen oder bei Clubnächten genutzt. Solche Angebote soll es weiter geben.

Teil davon sollen auch die Schulen sein, für die der Senat die Maskenpflicht um vorerst zwei Wochen bis zum 5. September verlängerte: Müller kündigte an, dass Shuttlebusse 16- und 17-Jährige von ihren Schulen zu Impfzentren fahren sollen. Jüngere können dieses Angebot nicht nutzen: Während 16- und 17-Jährige zur Impfung lediglich das schriftliche „Okay“ ihrer Eltern vorlegen müssen, dürfen Jüngere nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten geimpft werden.

Fast parallel starten die ersten Auffrischungsimpfungen, die acht Monate nach der Erstimpfung vorgesehen sind. Ab September sollen Impfteams erneut wie schon bei den ersten Impfdurchgängen Alten- und Pflegeheime ansteuern und dort impfen. Wie damals würde dem Alter nach zur Impfung eingeladen – „wir beginnen wieder mit den Ältesten“, sagte Müller.

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