piwik no script img

Neubauten unerwünscht

Vonovia will in Eidelstedt Wohnungen bauen. Doch gegen den Entwurf für den Bebauungsplan regt sich Protest. Erst müsse die Infrastruktur im Viertel verbessert werden

Von Alexandra Hilpert

Viel Grün, dazwischen einzelne Wohnkomplexe: In Eidelstedt ist noch Platz – und damit Raum für Nachverdichtung. Der private Immobilienkonzern Vonovia plant im Eisenbahnerviertel derzeit den Bau von 292 neuen Wohnungen für bis zu 900 Menschen. Im zuständigen Bezirk Eimsbüttel haben Grüne und CDU die Mehrheit. Sie unterstützen das Projekt. Doch An­woh­ne­r:in­nen äußern Kritik.

„Eidelstedt platzt jetzt schon aus allen Nähten“, sagt Horst Becker. Er wohnt selbst im Eisenbahnerviertel und reicht am heutigen Freitag gemeinsam mit einer Gruppe von Mit­strei­te­r:in­nen ein Bürgerbegehren beim Bezirksamt ein, um den Bau zu stoppen. „Es gibt hier zu wenig Kitas, Ärzte und Grundschulen“, sagt Becker. „Wir wollen, dass diese Probleme gelöst werden, bevor 300 neue Wohnungen entstehen und noch mehr Menschen dazukommen.“

Unterstützt wird das Bürgerbegehren unter anderem von der SPD. „In Eidelstedt mangelt es jetzt bereits an sozialer Infrastruktur. Man kann nicht immer nur mehr Wohnungen bauen, ohne an der Infrastruktur zu arbeiten“, sagt Gabor Gottlieb von der SPD. „Wir sind der Meinung, dass das Eisenbahnerviertel eine solche Nachverdichtung nicht verträgt.“

Ein weiteres Problem sei der Kooperationspartner, denn geleitet wird das Bauprojekt von Vonovia. Dem Unternehmen „gehören in dem Quartier bereits ganze Straßenzüge“, sagt Gottlieb. Und es gebe immer wieder Probleme, denn Mie­te­r:in­nen würden sich über ausbleibende Investitionen in die vorhandenen Wohnungen beschweren. Insbesondere im Inneren der Wohnungen bestehe Sanierungsbedarf.

Becker sieht das ähnlich: „Es ist deutschlandweit bekannt, dass Vonovia die Preise nach oben treibt und das Geld aus alten Wohnungen rauspressen will.“ Im Eisenbahnerviertel würden Reparaturen, die sich nicht auf die Miete umlegen ließen, meist lange nicht in Angriff genommen.

Dass im Eisenbahnerviertel an vielen Stellen renoviert werden muss, ist Vonovia bekannt: „Wir haben bereits umfangreich saniert und prüfen derzeit, was noch gemacht werden muss“, sagt Pressesprecherin Panagiota-Johanna Alexioa. „Die Sanierung ist Bestandteil der Quartiersentwicklung.“ Soll heißen: Manche Reparaturen werden wahrscheinlich erst in Angriff genommen, wenn der Bau begonnen wurde. Einen Starttermin gibt es allerdings noch nicht.

Der Zeitpunkt des Bürgerbegehrens stößt beim Bezirksamt auf Unverständnis. Erst wenige Wochen zuvor hätten die An­woh­ne­r:in­nen die Möglichkeit bekommen, Stellungnahmen zum Bauprojekt einzureichen. Die 16 Antwortschreiben befänden sich derzeit noch in der Auswertung. „Noch ist gar nicht sicher, wie der finale Bebauungsplan aussehen wird“, sagt Urban Conradi, der im Eimsbüttler Fachamt für Sozialraummanagement arbeitet.

Der Bezirk und Vonovia wollen Arztpraxen und eine Kita ansiedeln

Ali Mir Agha, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bezirk, kritisiert das Bürgerbegehren stark: „Es bringt niemandem etwas, sich von vornherein gegen den Bau weiterer Wohnungen zu sperren.“ Demnach sei es auch möglich, dass der Bau zeitlich nach hinten geschoben werde. Diese Zeit könne man nutzen, um die soziale Infrastruktur auszuweiten: „Das kommt darauf an, was die Auswertung der Bürgerbeteiligung zutage bringt“, sagt Agha.

Auch Vonovia will das Viertel aufwerten: „Wir wollen im Rahmen einer Quartiersentwicklung zu einer lebendigeren Entwicklung im Eisenbahnerviertel beitragen“, sagt Alexioa.

2017 gab es deshalb einen Workshop, in dem An­woh­ne­r:in­nen ihre Anliegen einbringen konnten. Vonovia plant derzeit ei­n Gebäude mit einer Kita mit 80 Plätzen und Arztpraxen. Das Bezirksamt Eimsbüttel möchte darüber hinaus Zentren für Kinder- und Jugendarbeit und Spielplätze bauen. „Weil alles noch in der Planung ist und wir uns auch noch in Absprachen befinden, können wir noch nichts weiter konkretisieren“, sagt Alexioa. Bis Baubeginn wird es daher noch etwas dauern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen