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Gong zur nächsten Runde

Der frühere Oberbürgermeister von Hannover, Stefan Schostok, muss sich erneut wegen Untreue vor Gericht verantworten. Der Bundesgerichtshof hob einen Freispruch wieder auf

Der Chefjurist sollte die Zulagen prüfen, von denen er selbst profitierte, sagte das Gericht

Die Rathausaffäre um unrechtmäßig gezahlte Zulagen hat für Hannovers früheren Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) ein weiteres juristisches Nachspiel. Der Bundesgerichtshof hob am Mittwoch einen Freispruch des Politikers vom Vorwurf der Untreue auf.

Sein damaliger Büroleiter Frank Herbert, der die unrechtmäßigen Zulagen kassiert hatte, wird sich ebenfalls erneut vor dem Landgericht Hannover verantworten müssen. Auch seine Verurteilung wegen Betrugs durch Unterlassen wurde vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Bei ihm müsse ebenfalls der Verdacht der Untreue geprüft werden, erläuterten die Bundesrichter.

Der Ex-Büroleiter und Chefjurist Herbert hatte zwischen April 2015 und Mai 2018 unrechtmäßig Zulagen in Höhe von rund 49.500 Euro erhalten. Spätestens ab Oktober 2017 soll Schostok von der Unrechtmäßigkeit der Zahlung gewusst, diese aber nicht gestoppt haben.

Im Zuge der Affäre war er als Oberbürgermeister zurückgetreten. Gegen seinen Freispruch und die Verurteilung des Bürochefs zu einer Geldstrafe hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Auch Herbert hatte sich gegen das Urteil des Landgerichts Hannover gewandt. Er wollte einen Freispruch erreichen.

Als Oberbürgermeister habe Schostok eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt, so der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig. Dass er mit der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zulagen ausgerechnet seinen Chefjuristen Herbert beauftragt habe, sei eine Pflichtverletzung gewesen. „Es ist der beauftragt worden mit der Prüfung, der der Begünstigte des Verfahrens war“, sagte der Vorsitzende Richter. Schostok habe so „den Bock zum Gärtner gemacht“. Ob damit der Tatbestand der Untreue erfüllt ist, muss eine andere Strafkammer des Landgerichts Hannover erneut entscheiden.

Der frühere Oberbürgermeister hatte die Revisionsverhandlung in Leipzig persönlich verfolgt. Weder er noch sein Rechtsanwalt wollten sich im Anschluss an die Verkündung des Urteils äußern.

Im Zuge der Affäre war auch Hannovers ehemaliger Personaldezernent Harald Härke angeklagt worden. Er wurde wegen schwerer Untreue in drei Fällen zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. (dpa)

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