China könnte Computerspiele regulieren: Angst lässt Kurse fallen

Chinas Behörden nehmen gerade eine Branche nach der anderen ins Visier. Ist die Videospielindustrie das nächste Opfer von Pekings Regulatoren?

Ein mann mit Telefon und ein Moped vor einem Schriftzug.

Hier wurde schon staatlich reguliert: Firmenzentrale von Alibaba in Hangzhou Foto: Ng Han Guan/ap

PEKING taz | Nach den jüngsten Regulierungswellen der chinesischen Behörden ist die Verunsicherung unter Investoren groß. So konnte schon der Artikel einer Staatszeitung am Dienstag die Aktienkurse zum Fallen bringen. Videospiele seien „geistiges Opium“, prangerte die Economic Information Daily an – und löste damit die Befürchtung aus, die Aufsichtsbehörden würden die nächste Branche ins Visier nehmen.

Der Kurs von Marktriese Tencent fiel unverzüglich um 11 Prozent. Zudem kündigte das Unternehmen aus Shenzhen präventiv an, die Beschränkungen für minderjährige Kunden zu erhöhen.

Seit den letzten Wochen und Monaten operieren die staatlichen Behörden an mindestens vier Fronten: Die Fintech-Branche wurde neu reguliert, der Internetriese Alibaba wegen kartellrechtlicher Vergehen bestraft, der Online-Fahrdienstvermittler Didi wegen exzessiver Datenerhebung geschröpft und zuletzt die gesamte kommerzielle Nachhilfeindustrie zum gemeinnützigen Bereich erklärt.

Die chinesische Staatsführung handelt dabei aus ähnlichen Motiven wie etwa die deutsche Bundesregierung, die monopolistisches Verhalten von Internetfirmen und den Datenschutz von Konsumenten ebenfalls als beobachtenswert ansieht. Doch im Vergleich zum demokratischen Rechtsstaat muss man in Peking immer auch Kaffeesatzleserei betreiben, um neue Auflagen der Behörden rechtzeitig kommen zu sehen – und die vage formulierten Gesetzestexte dann auch richtig interpretieren zu können. Selbst professionelle Unternehmensberater scheitern daran regelmäßig.

Was will die Regierung?

Versucht da gerade eine kommunistische Staatsführung mit ihrem Regulierungswahn, absichtlich die Macht der Privatwirtschaft zurückzudrängen? „Ich glaube sehr stark, dass dies nicht der Fall ist“, sagte jüngste der US-amerikanische Investmentstratege Andy Rothman von Matthews Asia in einem Zoom-Webinar: „Einer der Gründe, warum die Kommunistische Partei China so lange das Land regiert, ist ihr wirtschaftlicher Pragmatismus und ihre Marktnähe.“

Ohne Zweifel wird Chinas Wachstum zu großen Teilen von privaten Firmen angetrieben, die auch die meisten Arbeitsplätze stellen. Daran will auch die KP nicht grundsätzlich rütteln.

Tatsächlich sind die meisten Regulierungen durchaus inhaltlich begründet und nicht nur vom Wunsch nach politischer Kontrolle geprägt. Auch bei der Videospielindustrie gibt es realgesellschaftliche Probleme, die der Staatsführung ein Dorn im Auge sind – etwa Spielsucht unter Jugendlichen und gewalttätige Inhalte. Bereits 2018 belegte Peking die gesamte Branche mit einem neunmonatigen Lizensierungsstopp für neue Games.

Doch wie es scheint, möchte die Regierung die Anleger auch nicht allzu sehr verschrecken. So hat sie den Artikel in eingangs erwähnter Staatszeitung kurzerhand gelöscht und in abgeschwächter Form ohne die Formulierung „geistiges Opium“ wieder veröffentlicht. Die Aktien des Online-Spieleanbieters Tencent sind daraufhin am Mittwoch wieder gestiegen. Vollständig erholt haben sie sich nicht.

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