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Spenden im Schatten

Die SPD-Bezirksfraktion Hamburg-Mitte erhielt Spendengelder in ungewöhnlicher Höhe. Parteizuwendungen bleiben trotz steigender Regulation immer noch undurchsichtig

Von Arne Matzanke

Gerade in Wahlkampfjahren können sie entscheidend sein: Parteispenden. Wie Nachfragen des Recherche-Portals Correctiv ergaben, waren die Summen, die die SPD Bezirksfraktion Hamburg-Mitte in den vergangenen Jahren erhalten hat, überdurchschnittlich hoch. Von 2016 bis 2019 bekam der Kreisverband 640.000 Euro an Zuwendungen. Zum Vergleich: Die Bezirksfraktion von Bündnis90/Die Grünen erhielt in der gleichen Zeit nur circa 20.000 Euro. AfD und CDU machten keine Angaben.

Einen großen Teil des Spendengeldes erhielt die SPD dabei von Immobilienunternehmen. 75.000 Euro kamen in diesem Zeitraum aus der Branche. Überraschend ist das nicht. Der Bezirk-Mitte wird seit über 30 Jahren von der SPD regiert. Das Bezirksamt verwaltet viele Quartiere, in denen Unternehmen mit dem Vermieten und Verkaufen von Wohn- und Geschäftsräumen hohe Renditen erzielen können. Die Hafencity, wo entlang der Elbe noch immer munter gebaut wird, aber auch der Altstadtbereich sind solche Gebiete.

10.000 Euro erhielt die Bezirksfraktion der SPD beispielsweise von der Becken Holding. Dieter Becken legte erst im Jahr 2020 an der Seite von Bezirks­amtsleiter Falko Droßmann (SPD) den Grundstein für ein zehnstöckiges Bürohochhaus am Klostertor, 200 Meter entfernt vom Hauptbahnhof. Die Stadt, die ebenfalls seit Jahren von der SPD regiert wird, hatte das 3.500 Quadratmeter große Grundstück Ende 2019 an den Konzern verkauft.

Die Firma Becken gab Correctiv gegenüber an, dass ihre Parteispenden in keinem Zusammenhang mit dem operativen Geschäft stünden. Zudem sei die Entscheidung über das Grundstück bereits 2017 gefallen. Die Hamburger SPD versicherte Correctiv, dass „selbstverständlich“ aus den Spenden keine Vorteile für Zu­wen­de­r:in­nen entstünden.

Allerdings ist der SPD-Kreisverband Mitte in der Vergangenheit bereits zweimal durch fragwürdige Zuwendungen aufgefallen. 2005 erhielt die Bezirksfraktion Spenden der Rüstungsindustrie in Höhe von 60.000 Euro. Weiterhin berichtete das Hamburger Abendblattim Jahr 2020, dass 38.000 Euro aus dem Umfeld der Warburg-Bank, die in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt war, in Richtung der SPD flossen. Die Stadt ließ mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren.

Der Kreisverband Mitte ist bereits zweimal durch Zuwendungen aufgefallen

Die Finanzierung von Parteien, insbesondere durch Zuwendungen von Spender:innen, ist nicht ganz transparent. Zwar müssen Spenden von mehr als 10.000 Euro seit 2002 in einem jährlichen Bericht veröffentlicht werden, jedoch fließen laut einer Auswertung der Rechenschaftsberichte durch Lobbycontrol aus dem Jahr 2014 über 75 Prozent der Spenden anonym. Insbesondere durch Stückelung der Beträge seien die Transparenzregeln zu umgehen, kritisiert Lobbycontrol.

Immerhin: Die SPD zeigte sich transparent und veröffentlichte im Gegensatz zur CDU und AfD ihre Spenden über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinaus. Sie gab auch die Spender von Beträgen unter der Obergrenze von 10.001 Euro an und schlüsselte diese für Correctiv nach Bezirken auf. Die CDU-Fraktion und die AfD weigerten sich, das zu tun.

„Wir kommen allen Veröffentlichungspflichten stets nach“, antwortet die CDU-Fraktion auf die Nachfrage der taz, wieso sie sich gegen eine Veröffentlichung entschieden hätte. „Wir stehen hinter den derzeitigen Regeln des Parteigesetzes zur Veröffentlichung von Spenden, verschließen uns aber keiner Diskussion darüber.“ 2019 empfingen alle CDU-Kreisverbände zusammen mit circa 285.000 Euro etwa genauso viele Spenden wie der SPD-Kreisverband Hamburg-Mitte allein.

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