Christoph Schmidt-Lunau über den Listen-Streit bei den Saar-Grünen
: Die Schwäche der anderen

Die Grünen an der Saar taumeln am Abgrund. Im erbitterten Kampf um die Landesliste zur Bundestagswahl riskieren die KombattantInnen sogar, dass die Partei im Saarland von den Stimmzetteln verschwindet. Der Landesvorstand, der bislang fest zum umstrittenen Spitzenkandidaten Hubert Ulrich stand, hat jetzt wenigstens Vorsorge getroffen, den Listenparteitag noch kurz vor Tores­schluss wiederholen zu können. Ein neuer Parteitag, zwei Tage vor der gesetzlichen Abgabefrist der Liste, könnte Klarheit schaffen.

Denn die angefochtene Liste bleibt riskant. Die parteiinternen KritikerInnen haben gute Argumente zusammengetragen, die sie auch noch nach der Abgabefrist geltend machen könnten, notfalls vor einem ordentlichen Gericht. Das zentrale Problem schafft ein neuer Parteitag allerdings nicht aus der Welt: Der von vielen geachtete, bei seinen GegnerInnen verhasste ehemalige Parteichef Ulrich, den sie „den Panzer“ nennen, würde wohl erneut eine Mehrheit für sich organisieren können. Er hat sein Comeback, drei Jahre nach dem Scheitern bei der vergangenen Landtagswahl, systematisch vorbereitet. Von den Regelungen des Grünen-Frauenstatuts hält er ohnehin nichts. In Landesverbänden, in denen es nur einen aussichtsreichen Listenplatz gebe, führe die Regelung zur Verhinderung von Männern, argumentiert er. Das Statut wird ihn nicht aufhalten.

Es ist erstaunlich und bitter, wie in kleinen Landesverbänden der Egotrip Einzelner zum Sprengsatz geraten kann. Auch die Saar-Linke hat ein ähnliches Problem. Dagegen hilft nur die Mobilisierung von möglichst vielen Mitgliedern, die sich den Ambitionen zweifelhafter Führungspersonen entgegenstellen. Dass Ulrich mit seinem Ortsverband ein Drittel der Landesparteitagsdelegierten mitbringt, liegt nicht nur an seiner offensichtlichen Gabe, neue Mitglieder zu gewinnen und für sich einzunehmen. Es liegt auch an der Schwäche der anderen, die ihm nichts Vergleichbares entgegensetzen können.

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