Protest gegen humanitäre Katastrophe: Campen gegen Frontex

Auf dem Göttinger Marktplatz protestieren Aktivisten für die Evakuierung der Flüchtlingslager an EU-Außengrenzen – und gegen alltäglichen Rassismus.

Zeltlager und Transparente in Göttingen

Der Protest in Göttingen schlägt die Brücke zwischen Rassismus und EU-Grenzregime Foto: Reimar Paul

GÖTTINGEN taz | Der Göttinger Marktplatz hat sich am Wochenende in ein Protestcamp verwandelt. Aktivisten stellten rund 20 Zelte auf und protestierten mit einer Dauerkundgebung gegen die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Die Aktion begann am späten Samstagnachmittag und dauerte Sonntagmittag noch an. Ähnliche Proteste gab es auch in anderen deutschen Städten.

Hauptforderung der Demonstranten in Göttingen war die Evakuierung von Flüchtlingslagern: „Die Situation dort ist unerträglich“, sagte Valea Radu vom Bündnis „Lager auflösen, jetzt!“ „Wir fordern die sofortige Evakuierung der Lager an den Außengrenzen, sichere Fluchtrouten, und eine menschenwürdige Aufnahme aller Flüchtenden in die EU!“

Zwischen und vor den Zelten hatten Teilnehmer der Aktion Transparente auf den Boden gelegt, andere Spruchbänder hingen an der Fassade des Alten Rathauses. „Solidarisch durch die Krise statt Verschwörungswahn – Lager evakuieren, Grenzen öffnen“, war dort etwa zu lesen, oder: „Rassismus tötet – Von Hanau bis Moria“.

Den ganzen Abend, teilweise auch in der Nacht gab es Wortbeiträge und Bilder aus verschiedenen Flüchtlings-Hotspots auf den griechischen Inseln oder auf dem Balkan. Redner/innen beschrieben die Zustände dort als katastrophal: Es gebe kaum eine medizinische Versorgung, zum Teil nicht einmal ausreichend Essen, Krankheits- und Todesfälle häuften sich.

Heftig kritisiert wurden auch die „Pushbacks“ durch Sicherheitskräfte und die EU-Grenzschutzagentur Frontex. Dabei werden Flüchtende, die bereits ein EU-Land erreicht haben, gewaltsam und ohne die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, wieder hinter die Außengrenze gebracht.

Kalkül statt Zufall

„Die EU hindert geplant und oft mit brutaler Gewalt Menschen daran, ihr Recht auf Asyl wahrzunehmen“, erklärte Radu. „Das ist kein Zufall, sondern politisches und wirtschaftliches Kalkül.“ Nötig sei eine solidarische Gesellschaft ohne Nationalstaaten und deren Grenzen – denn solange diese bestünden, würden immer wieder Menschen auf der Flucht verprügelt, entwürdigt, kriminalisiert und getötet.

Mit Grenzbefestigungsanlagen auf der Balkanroute und „perfiden“ Flüchtlingsabkommen mit diktatorischen Regimen wie der Türkei schotte sich die EU immer weiter ab.

Vor allem am Samstag blieben viele Passanten stehen, um den Redebeiträgen oder der im Camp gespielten Musik zu lauschen. Ihrerseits solidarisierten sich die Platzbesetzer mit einer Demonstration kolumbianischer Studierender, die am Abend in der Innenstadt gegen die Repression in ihrem Land protestierten und dabei auch am Camp vorbeizogen.

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