Berlin hebt Priorisierung bei allen Impfstoffen auf

Corona-Impfstoffe gibt es ab Montag nicht mehr nur für besonders Gefährdete, so die Gesundheitsverwaltung. Kassenärzte reagierten wenig erfreut

Bayern und Baden-Württemberg hatten ähnliche Schritte angekündigt

Unabhängig von Alter, Vorerkrankung und Beruf sollen Menschen in Berlin künftig eine Corona-Impfung bei Haus- und Betriebsärzten erhalten können. Die Priorisierung werde ab Montag für alle verfügbaren Impfstoffe aufgehoben, teilte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit am Donnerstag mit.

Von Berlins Kassenärzten kam jedoch umgehend scharfe Kritik an dem Vorstoß, der nicht abgesprochen gewesen sei und der „Chaos“ in Praxen provoziere. Bei den Menschen würden falsche Erwartungen geweckt. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verurteilte das Vorgehen mehrerer Bundesländer bezüglich der Freigabe als „politisch unverantwortlich“.

Die Gesundheitsverwaltung machte deutlich, dass der Schritt nicht bedeutet, dass jeder sofort nächste Woche geimpft werden kann. Die verfügbaren Impfstoffmengen seien zunächst weiter relativ knapp, hieß es. Erst ab Juni werde mit größeren Mengen gerechnet. Auch Patienten, die zu einer der drei Prioritätengruppen zählen und noch nicht geimpft sind, hätten weiter Vorrang, erläuterte der Sprecher der Behörde. Für die Impfzentren, in denen Menschen aus den priorisierten Gruppen Termine wahrnehmen können, ändere sich am bisherigen Vorgehen zunächst nichts. Zuerst hatte das Magazin Business Insider über die Aufhebung der Priorisierung berichtet.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) betonte, es mangele weiter an Impfstoff, sodass selbst Menschen aus den Vorranggruppen nicht umfassend geimpft werden könnten. Auch sei die Priorisierungsgruppe 3, zu der etwa Menschen über 60 gehören, gerade erst geöffnet worden. Gerechnet wird mit einem „noch größeren Ansturm impfinteressierter Berliner“.

Man rate den Praxen, auch weiter an Kriterien wie Alter, Vorerkrankung und Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen festzuhalten, hieß es. Ob dies Impfwilligen noch vermittelbar ist, sei die große Frage. „Die Frage der Impfpriorisierung darf nicht zum Wahlkampfthema gemacht werden, sondern hat wohlüberlegte sachliche Hintergründe“, betonte die KV. Berliner Praxen führten seit Mitte April mehr als 367.000 Impfungen mit Biontech und Astrazeneca durch.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz zeigte sich alarmiert, nachdem Bayern und Baden-Württemberg ähnliche Schritte angekündigt hatten. Das Vorgehen komme einem „Flächenbrand“ gleich, sagte Vorstand Eugen Brysch. (dpa)