heute in hamburg: „Heute ist es einfacher, sich zu integrieren“
Streaming des Films „Bizim Hikayemiz. Unsere Geschichte“ vom feministischen Kulturzentrum Ria mit anschließender Diskussion: 19 Uhr, Zugang unter Ria-fem@posteo.de, mehr Infos unter www.ria-fem.de
Interview Emmy Thume
t az: Frau Matisakova, was braucht eine Stadt, damit Menschen dort ankommen und an einem neuen Ort eine Heimat finden können?
Gulzat Matiskova:Meiner Erfahrung nach sind Orte, an denen das gut funktioniert, solche, an denen sich sowohl schon lange dort wohnende, als auch neu hinzu gekommene Menschen treffen. Es helfen aber auch Maßnahmen wie zum Beispiel das Programm „Yalla Hamburg“, über das neu hergekommene junge Menschen und Personen aus Hamburg sich treffen und die Stadt zusammen entdecken. Solche Programme, Projekte oder Orte sollten möglichst offen sein, sodass man dort voneinander lernen kann.
Was hat bei Ihnen dazu geführt, dass Sie sich in Hamburg und Ihrem Stadtteil Wilhelmsburg beheimatet fühlen?
Ich mag an Wilhelmsburg, dass es sehr interkulturell ist. Ich fühle mich hier nicht alleine damit, dass ich anders aussehe oder eine andere Sprache spreche. Ich fühle mich hier auch zuhause, weil ich in interkulturellen Läden verschiedenes Essen einkaufen kann. Für mich als kirgisische Frau ist es zwar manchmal etwas schwierig, weil in Hamburg wenig andere zentralasiatische Menschen leben. Aber ich habe nette Menschen kennengelernt, mit denen ich mich verabrede, und nehme an Projekten teil, wie dem interkulturellen Garten. Solche Initiativen helfen um sich zuhause zu fühlen.
In Ihrem Film werden Frauen aus vier verschiedenen Generationen mit türkischem Hintergrund betrachtet. Wie unterscheiden sich ihre Geschichten durch die Generationenunterschiede?
Gulzat Matisakova 31, ist freiberufliche Videografin. Sie kommt aus Kirgistan und lebt in Wilhelmsburg.
Für die erste Generation türkischer Migrant:innen war es sehr schwierig, sie erfuhren viel Rassismus. Für die nächsten Generationen wurde es einfacher, weil die vorherigen Generationen es den nachfolgenden leichter gemacht haben. Im Gegensatz zur ersten Generation kamen die späteren Generationen oft auch nicht alleine her. Und die Menschen, die jetzt beispielsweise kommen, haben oft mehr Privilegien als die der ersten Generationen und als diejenigen, die damals als Gastarbeiter:innen herkamen. Heute ist es außerdem einfacher, sich zu integrieren, weil mehr Englisch gesprochen wird und man leichter Arbeit finden kann. Das ist sehr wichtig.
Was hat Sie persönlich dazu veranlasst, einen Film zum Thema Migration und Heimat zu machen?
In meinem ersten Jahr in Hamburg, nach meinem Master in Dokumentarfilm, habe ich ein Praktikum bei der Gemeinwesenarbeit St. Pauli gemacht. Da ist die Idee für den Film entstanden. Ich konnte zwar nicht so gut deutsch, spreche aber türkisch, weil ich das in Kirgistan gelernt habe. So konnte ich über das Thema einen Film machen, obwohl ich weder aus der Türkei noch aus Deutschland komme. Da viele Menschen aus meiner Familie, und ich auch, zum Arbeiten emigriert sind, ist es ein wichtiges Thema für mich.
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