piwik no script img

Wahlrechtsreform für HongkongFest im Griff

Chinas Volkskongress hat beschlossen: Der Anteil der Parlamentarier in Hongkong soll sinken. Kritik kommt aus der Demokratiebewegung und aus London.

Harmonische Außendarstellung: Polizisten in Hongkong hissen die Flaggen Chinas und Hongkongs Foto: Tyrone Siu/reuters

Peking/London ap/dpa | Der chinesische Volkskongress hat einer schärferen Kontrolle über Hongkong und einem Fünfjahresplan für die Wirtschaft zugestimmt. Er votierte am Donnerstag, dem letzten Tag seiner Jahrestagung, dafür, dass ein der Pekinger Staatsführung nahe stehendes Komitee mehr Mitglieder des Parlaments der Sonderverwaltungszone ernennen darf. Der Fünfjahresplan sieht vor, China bei der Entwicklung von Technologien eigenständiger zu machen.

Die Staatsführung erhöht damit den Druck auf die einstige britische Kronkolonie. Seit 2019 ist sie bereits mit harter Hand gegen Demonstrierende vorgegangen, die mehr Demokratie fordern. Ihr ist deshalb vorgeworfen worden, die Autonomie abzutragen, die China zugesagt hatte, als es Hongkong 1997 zurück erhielt. Die kommunistische Führung hat dies bestritten.

Durch die neuen Bestimmungen zu Hongkong sinkt der Anteil der dortigen Parlamentarier, die von der Bevölkerung gewählt werden. 2.895 Mitglieder des Volkskongresses stimmten dafür, keines dagegen und eines enthielt sich.

Vorgesehen ist nun, dass ein Wahlkomitee mit 1.500 Mitgliedern die Chefin oder den Chef der Hongkonger Regierung und eine nicht näher bezeichnete „relativ große“ Anzahl der 90 Abgeordneten des Parlaments der Sonderverwaltungszone wählt. Die Mitglieder des Wahlkomitees sollen aus fünf Bereichen der Gesellschaft kommen, darunter der Geschäftswelt und der Politik. Hongkonger Medien berichteten im Vorfeld, dass das Komitee ein Drittel der Parlamentarier aussuchen könnte.

Die Peking-treue Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam kommentierte, die Änderungen ermöglichten es der Stadt, „das Problem zu lösen, dass der Legislativrat in den vergangenen Jahren alles politisch gemacht“ habe und wirksam mit „der internen Spaltung umzugehen, die Hongkong zerrissen“ habe.

Großbritannien kritisiert Reform

Im Zuge des staatlichen Vorgehens gegen die Demokratiebewegung in Hongkong sind auf Basis eines Gesetzes, das der Volkskongress vor einem Jahr beschloss, 47 ehemalige Parlamentarier und andere Demokratiebefürworter verhaftet worden.

„Das Hongkonger Volk wird entrechtet“, sagte die ehemalige Abgeordnete Emily Lau über die neuen Änderungen. „Peking möchte sehr enge Kontrolle ausüben.“

Staatspräsident Xi Jinping und andere Führungsfiguren der herrschenden Kommunistischen Partei saßen auf einer Bühne vor den Delegierten, als diese elektronisch ihre Stimme abgaben. Der Volkskongress hat keine echte Macht; die Partei nutzt die Jahrestagung für die Präsentation von Plänen und anderen wichtigen Entscheidungen.

Großbritannien hat die umstrittene chinesische Wahlrechtsreform für die frühere britische Kronkolonie Hongkong scharf kritisiert. „Dies ist der jüngste Schritt Pekings, Platz für demokratische Debatten in Hongkong auszuhöhlen, entgegen der von China gemachten Versprechen“, sagte Außenminister Dominic Raab einer Mitteilung vom Donnerstag zufolge. „Dies untergräbt weiter das Vertrauen, dass China seiner internationalen Verantwortung und seinen gesetzlichen Verpflichtungen als führendes Mitglied der internationalen Gemeinschaft gerecht wird.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!