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Ständige Impfkommission lobt Sputnik V

Das Vakzin wurde in Russland ohne gründliche Prüfung zugelassen. Nach anfänglichen Vorbehalten wollen es nun auch mehrere EU-Mitgliedstaaten einsetzen

Aus Moskau Klaus-Helge Donath

Russland war das schnellste Land. Schon im August 2020 meldete der Kreml Vollzug: Forscher im Moskauer Gemaleja-Institut hatten den ersten Impfstoff gegen das Corona­virus entwickelt und umgehend registrieren lassen. Präsident Wladimir Putin war stolz: Russland konnte sich wieder als Wissenschaftsgroßmacht empfehlen.

Allerdings gab es auch Kritik: Swetlana Sawidowa, die für die Beobachtung klinischer Tests in Russland zuständig ist, hielt den Wettlauf zwischen Politik und Wissenschaft für schädlich. „Eile schadet uns“, meinte Sawidowa. Auch Alexander Tschutschalin vom Ethikrat klagte über grobe Verstöße gegen medizinethische Grundsätze. Klinische Testreihen waren bei der Zulassung noch nicht abgeschlossen.

Inzwischen sind die Vorbehalte gegen das Serum weitgehend verstummt. In Deutschland gab sich Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission, zuversichtlich, dass Sputnik V in der EU zugelassen werde: „Das ist ein guter Impfstoff“, sagte er. Sputnik V sei clever gebaut. Die russischen Forscher verfügten über große Erfahrungen.

Sputnik V ist ein vektorbasierter Impfstoff, der Fragmente des Erbmaterials von Sars-CoV-2 in abgeschwächte Viren einer anderen Virusart bringt. Die abgeschwächten Viren dienen nur als Transportmittel. Menschliche Körperzellen nehmen die Informationen auf und produzieren selbst ein Eiweiß. Das Immunsystem entwickelt dann eigene Abwehrstoffe gegen das Virus. Vektor-Impfstoffe haben den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu den RNA-Impfstoffen bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden können.

Das Fachmagazin The Lancet veröffentlichte im Februar eine Studie, aus der hervorging, dass Sputnik mit 91,6 Prozent eine hohe Wirksamkeit zeige. Die Lancet-Studie ist jedoch wegen der geringen Zahl der Probanden umstritten. Nur 60 Infek­tio­nen wurden ausgewertet. Das berge eine große Ungenauigkeit, meint Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie der TU München. Auch sei die Zahl der Antikörper im Vergleich zu Patienten, die Covid-19 durchgemacht hätten, ziemlich gering.

Das wirft die Frage auf, wie lange der Impfschutz anhält. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat die Zulassung Sputniks noch nicht eingeleitet. Unterdessen ist das Serum in mehr als vierzig Staaten weltweit bereits registriert worden. In der EU gehören Ungarn, die Slowakei und Tschechien dazu. Sechs Staaten planen, das Serum selbst herzustellen, darunter Brasilien, Indien, Südkorea und Italien.

Auf das Infektionsgeschehen hat die Impfstoffentwicklung in Russland bislang nur geringen Einfluss genommen. Bisher wurden erst 2,7 Prozent der RussInnen geimpft – auch weil die Impfbereitschaft landesweit eher niedrig ist. Nur 30 Prozent der Russen gaben in einer Umfrage des Lewada-Instituts im Februar an, sie seien zu einer Impfung bereit. Die meisten Verweigerer befürchteten Nebenwirkungen. Würde das Serum aus Deutschland, Kanada oder Großbritannien stammen, hätten sie größeres Vertrauen, gaben viele an. Ganz anders sahen es Mexikaner und Inder, die am russischen Stoff wenig auszusetzen hatten.

Präsident Wladimir Putin lässt keine Möglichkeit ungenutzt, das Präparat auch außerhalb Russlands anzupreisen. Verkauf und Vertrauen förderte es sicherlich, sollte sich der Kremlchef öffentlich einer Impfung stellen. Wladimir Putin spricht unterdessen vage von einer Spritze im Herbst – nach Rücksprache mit seinen Leibärzten.

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