Arbeiten an Nord Stream 2 fortgesetzt: Es wird weitergestreamt

Kritik an der russischen Politik und die Festnahme von Dissident Nawalny seien kein Hindernis für den Weiterbau. Das sagt Wirtschaftsminister Peter Altmaier.

Ein Schild weist den Weg zur Pipeline.

Sieht nur so aus, als ob es bergab geht: Schild am Pipeline-Standort Lubmin Foto: reuters

BERLIN/BORNHOLM dpa/afp/taz | Die Verlegearbeiten an der deutsch-russischen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 sind wiederaufgenommen worden. „Das Pipeline-Verlegeschiff „Fortuna“, das am 24. Januar die Arbeiten im Verlegekorridor in der dänischen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) aufgenommen hatte, hat nach erfolgreichen Verlegetests heute mit der Weiterverlegung begonnen“, teilte die Projektgesellschaft am Samstagabend mit. Alle Arbeiten erfolgten in Übereinstimmung mit den vorliegenden Genehmigungen. „Zum Bauablauf und den weiteren Planungen werden wir entsprechend informieren“, hieß es.

Nach Angaben von Nord Stream 2 sind 94 Prozent des rund 1230 Kilometer langen Doppelstrangs bereits fertiggestellt. Er soll einmal 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern. Den Angaben zufolge fehlen noch etwa 120 Kilometer in dänischen und 30 Kilometer in deutschen Gewässern.

Das fast vollendete Projekt steht allerdings zunehmend unter Druck. Nachdem Sanktionsdrohungen aus den USA zum Abzug von Firmen geführt hatten, verhängte die Trump-Administration zum Ende ihrer Amtszeit Strafmaßnahmen gegen das russische Unternehmen KVT-RUS und erklärte deren Verlegeschiff „Fortuna“ zu „blockiertem Eigentum“. Welche Auswirkungen das auf das Schiff außerhalb von US-Hoheitsgewässern hat, ist unklar.

Das US-Außenministerium begründete die Sanktionen damit, dass die Fertigstellung von Nord Stream 2 Russland die Möglichkeit eröffnen würde, „natürliche Ressourcen als Mittel für politischen Druck und bösartigen Einfluss gegen Westeuropa zu nutzen“. Kritiker des Projekts werfen Russland vor, mit der Pipeline Länder zwischen Russland und Westeuropa aus dem Gastransit herausnehmen zu wollen, um sie so erpressbarer zu machen.

Ein politisches Hin und Her

Befürworter der Pipeline werfen den USA vor, lediglich die Marktchancen für das eigene Fracking-Gas verbessern zu wollen. Mecklenburg-Vorpommern hat eine landeseigne Stiftung gegründet, die gegebenenfalls auch gewerblich aktiv werden kann und so das Projekt etwa durch Ankäufe von Maschinen und Material vor Sanktionen schützen könnte. Laut Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) wird das russische Erdgas für Gaskraftwerke als Brückentechnologie der Energiewende benötigt.

Umweltschützer bestreiten den Bedarf an Erdgas und kritisieren Nord Stream 2 hingegen als große Investition in einen fossilen Energieträger. Sie betonen die klimaschädliche Wirkung von Erdgas, etwa durch entweichendes Methan bei der Förderung und beim Transport. Auch wegen Russlands Umgang mit dem vor kurzem verurteilten Kreml-Kritiker, Alexej Nawalny, fordern Kritiker, Nord Stream 2 zu stoppen.

Altmaier ist für Weiterbau

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hält trotz der Haftstrafe für Nawalny am Weiterbau fest. Die Debatte über das Pipeline-Projekt solle nicht mit der Debatte über Menschenrechtsverletzungen in Russland vermischt werden, sagte Altmaier der Bild am Sonntag. „Das eine sind seit Jahrzehnten bestehende Wirtschaftsbeziehungen und Wirtschaftsprojekte von Unternehmen, das andere sind schwere Menschenrechtsverletzungen und unsere Reaktionen darauf.“

„Würde Nord Stream 2 nicht fertiggestellt, würde Russland dadurch nicht automatisch weniger Gas verkaufen, weil Nord Stream 1 und die Ukraine-Leitung ja weiter in Betrieb sind“, fügte der Wirtschaftsminister hinzu. „Aber deutsche Unternehmen würden Investitionen in enormer Höhe verlieren. Deshalb rate ich dringend zu einer sachorientierten Diskussion.“

Altmaier sagte zugleich, er könne sich eine „deutliche Antwort“ der EU auf die Verurteilung des Kreml-Kritikers vorstellen. „Die Verurteilung von Alexej Nawalny ist ein unerhörter Vorgang, der mit rechtsstaatlichem Verhalten nichts am Hut hat“, sagte Altmaier. „Ich kann mir eine deutliche Antwort gegenüber denen vorstellen, die diese Menschenrechtsverletzung angeordnet und zu verantworten haben. Das kann aber nur eine gemeinsame Antwort aller EU-Mitgliedsstaaten sein.“

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