Kämpfe in Kongos Bergbaumetropole: Mörder, Milizen und Machtkampf

Die Affäre um den Mord an Menschenrechtler Floribert Chebeya vor elf Jahren lebt neu auf. Aktuell gibt es schwere Kämpfe in Lubumbashi.

Portrait Floribert Chebeya auf einem Balkon

Menschenrechtler Floribert Chebeya starb 2010 auf einem Polizeigelände (Foto aus dem Jahr 2005) Foto: Belga/imagoMarcel Shomba Okoka / AP

BERLIN taz | Bei Kämpfen zwischen Armee und separatistischen Milizionären sind am Sonntag in Kongos zweitgrößter Stadt Lubumbashi nach amtlichen Angaben 11 Menschen ums Leben gekommen. Sieben Angreifer, drei Soldaten und ein Kind seien bei den Gefechten getötet worden, gaben die Behörden in der Bergbaumetropole in Kongos Südregion Katanga am späten Sonntagabend bekannt. Die Milizionäre hätten die Kasernen der Präsidialgarde und der Armee angegriffen, um „Waffen zu erbeuten und die Stadt Lubumbashi zu belagern“, erklärte Kongos Generalstab.

Die in lokalen Medien zitierte Zahl von 16 Toten übersieht, dass 5 der 12 „neutralisierten“ Angreifer nicht getötet, sondern gefangengenommen worden sein sollen.

Die als Angreifer genannte Miliz „Bakata Katanga“, die ein unabhängiges Katanga anstrebt, tritt immer dann in Erscheinung, wenn die politische Lage in der Demokratischen Republik Kongo besonders angespannt ist. Lokale Beobachter sehen in ihr keine eigenständig agierende Rebellengruppe, sondern ein Werkzeug mächtiger Personen in Katanga – was derzeit auf das Umfeld des ehemaligen Präsidenten Joseph ­Kabila hindeutet.

Kabilas ehemaliger Armee- und Polizeichef John Numbi war vergangenes Jahr aus der Armeeführung entlassen worden und lebt seitdem auf einer Farm nahe Lubumbashi, die in der Vergangenheit als Rückzugslager bewaffneter Milizionäre genannt worden ist.

Der Mord an Floribert Chebeya

General Numbi steht unter Druck: Menschen- und Bürgerrechtsgruppen im Kongo verlangen seine Festnahme sowie die staatliche Übernahme seiner Farm im Zusammenhang mit dem Mord an dem prominenten Menschenrechtler Floribert Chebeya im Jahr 2010.

Chebeya, Leiter der Menschenrechtsgruppe „Stimme der Stimmlosen“ (VSV), war am 1. Juni 2010 in der Hauptstadt Kinshasa von Polizeichef Numbi zu einem Treffen zitiert worden. Er ging hin und gab seiner Familie Bescheid, als er eintraf. Das war sein letztes Lebenszeichen. Am nächsten Tag wurde er tot auf dem Rücksitz seines Autos gefunden, sein Fahrer Fidèle Bazana war verschwunden.

Numbi wurde als Polizeichef suspendiert und ein Jahr später wurden vier Polizisten wegen Mordes zum Tode verurteilt. Doch ihre Vorgesetzten kamen nicht vor Gericht, auch Numbi nicht.

Polizisten im Exil packen aus

Die Affäre erhielt vor Kurzem neuen Auftrieb: Am 8. Februar sagten zwei ins Ausland geflohene Expolizisten gegenüber den Radiosendern RFI und DW aus, sie seien Augenzeugen der beiden Morde auf dem Gelände des Polizeihauptquartiers gewesen. Bazana sei auf dem Gelände der Farm des Armeegenerals Zelma Katanga, damals Polizeikommandant, verscharrt.

Menschenrechtler verlangen seitdem eine komplette neue Untersuchung und machen den damaligen Präsidenten Kabila für die Morde verantwortlich.

Kabila ist seit Anfang 2019 nicht mehr Präsident. Sein Nachfolger Félix Tshisekedi hat in den letzten Monaten die wichtigsten Kabila-Parteigänger aus hohen Ämtern entfernt – aus dem Verfassungsgericht und der Militärführung, schließlich auch den Premier und die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern, zum deutlichen Missfallen der „alten Garde“ um frühere Generäle wie Numbi.

Viele Kongolesen trauen der „alten Garde“ Destabilisierungsaktionen zu. Am Tag des Interviews der beiden Expolizisten war gemeldet worden, 400 Soldaten seien samt ihren Waffen aus Kamina, der wichtigsten Militärbasis von Katanga, „verschwunden“.

Zwei Tage später präzisierte das Militär, sie befänden sich im Transfer in andere Landesteile, doch zugleich warnten Kommentatoren in sozialen Medien: „Verstärkung für die Bakata Katanga“.

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