Trotz neuer Regeln viele Schlachter coronainfiziert

Über 100 Arbeiter eines Schlachthofs angesteckt. Wegen des Verbots von Werkverträgen seien nun die Verantwortlichen klar, sagen Gewerkschafter, fordern aber mehr Kontrolle

So sieht’s in deutschen Schlachthöfen aus (Symbol­foto): Rinder hängen am Haken, die Infizierungs­gefahr für die Mitarbei­terInnen ist weiterhin hoch Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Von Jost Maurin

Trotz des Verbots von Werkverträgen im Kernbereich der Fleisch­industrie ist es wieder zu einem großen Corona-Ausbruch in einem Schlachthof gekommen. Im Husumer Werk des Danish-Crown-Konzerns sind bisher mehr als 100 der etwa 300 dort Beschäftigten positiv getestet worden, wie der Kreis Nordfriesland mitteilte. Damit ist die Anlage derzeit einer der größten Corona-Infektionsherde in Deutschland.

Das wirft Fragen auf. Denn seit dem 1. Januar gilt das Arbeitsschutzkontrollgesetz, mit dem die Bundesregierung auf die massiven Corona-Ausbrüche etwa beim Schlachtkonzern Tönnies reagiert hat. Fleischfirmen mit mehr als 49 Beschäftigten dürfen demnach bei der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung kein Personal mehr beschäftigen, das bei über Werkverträge angeheuerten Subunternehmern angestellt ist. Ab April ist auch Leiharbeit stark beschränkt. Die Vorschrift soll verhindern, dass die Konzerne die Schuld an krankmachenden Arbeitsbedingungen für die meist osteuropäischen Beschäftigten in ihren Betrieben auf ein Dickicht aus Subunternehmern schieben.

Dennoch stellte die Kreisverwaltung in Husum „eine nicht strikt durchgehaltene Kohortentrennung“ fest. Um mögliche Infektionen in Belegschaften zu begrenzen, unterteilen Unternehmen das Personal in Gruppen („Kohorten“), zwischen denen es keinen Kontakt geben darf. „Das hat da offensichtlich nicht ganz geklappt, denn ansonsten wären weniger Leute angesteckt gewesen“, sagte Hans-Martin Slopianka, Pressesprecher des Kreises, am Montag der taz. Deshalb hat er das Werk, in dem normalerweise rund 2.000 Rinder pro Woche geschlachtet werden, vom 7. bis 24. Februar schließen lassen.

Danish-Crown-Sprecher Jens Hansen teilte der taz mit, das Unternehmen prüfe die Vorwürfe. Er räumte ein: „Unser Hygienekonzept war nicht gut genug. Wir müssen mehr testen, um Infektionen früher zu erkennen und zu begrenzen.“ Danish Crown habe alle Werkvertrags-Arbeitnehmer für die Schlachtung und Zerlegung der Tiere direkt eingestellt. „Leiharbeit gibt es in unserem Husumer Schlachthof in der Produktion nicht.“ Laut Kreisverwaltung waren in dem Werk drei externe Firmen mit insgesamt 40 Mitarbeitern tätig, aber „nur“ bei der Verwertung von Innereien und der Reinigung.

War das Werkvertragsverbot also sinnlos? Nein, antwortet Finn Petersen, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in Schleswig-Holstein. „Das Gesetz ist gut. Noch vor einem halben Jahr hätte die Geschäftsführung sagen können: Ich bin dafür gar nicht verantwortlich. Das ist mein Subunternehmer“, sagte Petersen der taz. Jetzt sei Danish Crown haftbar. „Aber es zeigt eben auch, dass Gesetze kontrolliert werden müssen“, so der Gewerkschafter. Unterkünfte, Transporte der Arbeiter und die Geschwindigkeit der Fließbänder beispielsweise müssten angepasst werden, um Infektionen zu verhindern. „Das scheint ja bisher nicht funktioniert zu haben.“

Für Tierrechtler ist der Corona-Ausbruch ein weiteres Argument gegen den Verzehr tierischer Lebensmittel. Die Organisation Peta will am Dienstag unter dem Slogan „Schlachthöfe: Tödlich für Menschen und Tiere“ mit einem als Sensenmann verkleideten Aktivisten vor dem Werk in Husum demonstrieren. „In den letzten Monaten haben sich Schlachtbetriebe zu Coronahotspots entwickelt. Einmal mehr zeigt sich nun, dass dieses System Profit über alles andere stellt“, so Peta. Zudem seien die meisten neuen Infektionskrankheiten wie Covid-19 von Tieren auf Menschen übertragen worden. Hauptursache dafür sei, dass Tiere gegessen und gehandelt werden.