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Meer, Meer, Meer

Seit 20 Jahren sendet der NDR die maritime Dokureihe „mareTV“ und feiert dies mit einer großen „Jubiläumsausgabe“

Von Wilfried Hippen

Genau genommen ist ein 20. Geburtstag ja kein Jubiläum, aber die Pro­gramm­ma­che­r*in­nen des NDR konnten nicht widerstehen und nannten ihre 89 Minuten lange Gala zum Anlass des Jahrestages einer ihrer beliebtesten Sendereihen „20 Jahre mareTV. Das große Jubiläum“. Seitdem der Hamburger mareverlag, der ursprünglich eine sechsmal im Jahr erscheinende Kultur- und Reisezeitschrift verlegt, seit 2001 zusammen mit dem NDR auch Reisereportagen für das Fernsehen produziert, wurden rund 300 Sendungen gedreht, die oft und gerne im NDR-Fernsehen und auf 3sat wiederholt werden und von denen viele auch in der NDR-Mediathek abrufbar sind.

Die Geburtstagsausgabe ist nun ein Best-of mit Zusammenschnitten aus besonders exotischen, spektakulären und skurrilen Folgen. Und da die Sendereihe auf einem hohen journalistischen und filmhandwerklichen Niveau produziert wurde, sind all diese kurzen Episoden kurzweilig und schön anzusehen. Und geschickt montiert sind sie, wenn etwa von einem kubanischen „Pneumatico“, der auf einem Lkw-Reifen im Golf von Mexiko angelt, auf einen schwedischen Eisbrecher in der Ostsee geschnitten wird.

Viel amüsantes Wissen

Seit der NDR damals noch in „Das dritte Programm“ für sein Gruselkabinett den schönen Slogan „Mumien, Monstren, Mutationen“ erfand, sind dort solche Dreierreihen sehr beliebt, und so wird auch hier jeder Themenblock (allerdings ohne Alliterationen) mit einem Zwischentitel wie „Götter, Mythen, Rituale“ angekündigt. Da versucht dann eine Südkoreanerin am Ende ihrer Pilgerfahrt auf dem Jakobsweg an der Atlantikküste ihre Wanderkleidung zu verbrennen. Doch bei Sturm und Brandung ist dieses Ritual nur schwer zu vollziehen. Komisch sind auch die Eisgolfer, die auf dem zugefrorenen Ozean vor Grönland große Mühe haben, ihre Bälle wiederzufinden, oder die Schäfer, die auf einer der Färöerinseln ihre Schafe zum Abtrieb von der Steilküste auf ihre Boote abseilen müssen. In der Sendung wird viel unnützes, dafür aber amüsantes Wissen vermittelt. So lernt man etwa, dass die Schotten in ihrem Dialekt „Scots“ wohl ebenso viele Worte für Regen haben wie die Inuit für Schnee.

Es stören nur die Allgemeinplätze, die die Fernseh-Prominenten Jörg Pilawa, Caren Miosga, Marie Bäumer und Axel Milberg zwischen den Themenblöcken in kurzen Statements von sich geben. Wenn das Meer für Pilawa „wie die Kindheit riecht“, ist das unfreiwillig komisch, weil etwas später sehr plastisch der Gestank des Eishais beschrieben wird, den man in Island monatelang verrotten lässt, bis er als Delikatesse zum Schnaps serviert wird. Die Talking Heads lenken nur von all den wunderschön fotografierten Meerespanoramen ab, die „mareTV“ bietet. Das ist natürlich purer Eskapismus. Aber dafür sind die meisten von uns in diesen Zeiten ja auch reif.

„20 Jahre mareTV. Das große Jubiläum“ läuft am 14.2. um

14.35 Uhr im NDR-Fernsehen

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