Amtsenthebungsverfahren gegen Trump: Beginn in zweiter Februarwoche

Im US-Senat startet das Impeachment doch früher als von den Republikanern gewünscht. Mit Ex-General Austin ist nun der erste Schwarze Pentagon-Chef vereidigt worden.

Das Capitol lugt hinter Bäumen und Stacheldraht hervor

Im Capitol werden die Se­na­to­r*in­nen schneller als erwartet zusammenkommen, um über das politische Schicksal von Trump zu erntscheiden Foto: dpa

WASHINGTON dpa/ap | Das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump soll in der zweiten Februarwoche beginnen. Das kündigte der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, am Freitag (Ortszeit) an. Trumps Amtszeit ist zwar diese Woche abgelaufen – aber das Verfahren könnte eine lebenslange Ämtersperre für ihn bringen.

Die Demokraten wollen Trump wegen des Angriffs seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar zur Verantwortung ziehen und werfen ihm „Anstiftung zum Aufruhr“ vor. Trump musste sich schon einmal einem Amtsenthebungsverfahren stellen, das mit einem Freispruch endete.

Am Montag soll der US-Senat, in dem das Verfahren verhandelt wird, die Anklageschrift vom Repräsentantenhaus erhalten. Im Anschluss sollen die sogenannten Impeachment-Manager, die das Repräsentantenhaus als Ankläger in dem Verfahren vertreten, die Anklage im Senat verlesen.

Für Dienstag stehe die Vereidigung der Mitglieder des Verfahrens an, das einem Gerichtsprozess ähnelt, erklärte Schumer. Dafür muss zunächst der Vorsitzende Richter am Supreme Court, John Roberts, als Leiter des Amtsenthebungsverfahrens vereidigt werden. Er wiederum muss den 100 Senatoren den Eid abnehmen, die im Prozess die Rolle von Geschworenen einnehmen und die endgültige Entscheidung treffen.

Von da an hätten die Ankläger und die Verteidiger Zeit, ihre Standpunkte auszuarbeiten, erklärte Schumer. Mit den Eröffnungsplädoyers – die den eigentlichen Beginn des Impeachment-Verfahrens markieren – soll dann in der Woche des 8. Februars begonnen werden, wie Schumer sagte. Der führende Republikaner im Senat, Mitch McConnell, hatte ursprünglich einen noch späteren Start vorgeschlagen.

Der 6. Januar mit dem von Trump angezettelten Aufruhr am Kapitol „war ein Tag, den keiner von uns je vergessen wird“, sagte Schumer. Aufgebrachte Trump-Unterstützer waren nach einer aufstachelnden Rede des Republikaners in das Parlamentsgebäude eingedrungen. Dort war zu dem Zeitpunkt der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg des neuen Präsidenten Joe Bidens formell zu bestätigen. Fünf Menschen kamen bei den Krawallen ums Leben, darunter ein Polizist.

„Wir alle wollen dieses schreckliche Kapitel in der Geschichte unserer Nation hinter uns lassen. Aber Heilung und Einheit wird es nur geben, wenn es Wahrheit und Rechenschaft gibt“, sagte Schumer. Dafür könne das Amtsenthebungsverfahren sorgen.

„Lasst uns an die Arbeit gehen“

Die Demokraten und Republikaner halten jeweils 50 Sitze im Senat. Bei einem Patt kann Vizepräsidentin Kamala Harris die entscheidende Stimme für die Demokraten einbringen. Für ein erfolgreiches Amtsenthebungsverfahren ist eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig. Bislang ist unklar, ob genug Republikaner für eine Verurteilung Trumps stimmen würden.

Während die Ankläger und die Verteidiger an ihren Schriftstücken für das Amtsenthebungsverfahren arbeiteten, werde sich der Senat um andere wichtige Angelegenheiten kümmern, sagte Schumer. Das kommt dem neuen Präsidenten Joe Biden entgegen, da er für die Bestätigung seiner Kabinettsmitglieder und andere Top-Personalien auf die Zustimmung des Senats angewiesen ist.

Für Montagnachmittag (Ortszeit) angesetzt ist die Abstimmung über Bidens Kandidatin für die Führung des Finanzministeriums, Janet Yellen. Schon am Freitag wurde der pensionierte General Lloyd Austin als neuer Verteidigungsminister vereidigt. Der Senat gab mit 93 zu zwei Stimmen grünes Licht für den Wunschkandidaten des neuen Präsidenten Joe Biden. Anschließend legte Austin seinen Eid ab. Biden setzt darauf, dass Austin wieder Konstanz ins Pentagon bringt, das in der Ära von Expräsident Donald Trump gleich zwei vom Senat bestätigte und vier kommissarische Ressortchefs hatte.

„Ich bin besonders stolz darauf, der erste Afroamerikaner zu sein, der den Posten hat“, twitterte Austin über seine Bestätigung als Verteidigungsminister. „Lasst uns an die Arbeit gehen.“

Austins Bestätigung war durch seinen Status als pensionierter General erschwert worden. Denn er brauchte eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel, dass zwischen dem Ruhestand eines Militäroffiziers und dessen Berufung zum Verteidigungsminister mindestens sieben Jahre vergehen müssen. Austin wurde 2016 pensioniert. Kritiker seiner Nominierung stellten den Sonderweg für Bidens Kandidaten infrage und verwiesen darauf, dass die Regel dazu da sei, um übermäßigen Einfluss des Militärs auf die Angelegenheiten der nationalen Sicherheit zu vermeiden.

Am Donnerstag nickten das Repräsentantenhaus und der Senat aber die Ausnahmeregelung für Austin ab. Nur zweimal war der Kongress bisher von der Regel abgewichen: 1950 bei der Bestätigung von George C. Marshall während des Korea-Krieges und 2017 bei Jim Mattis, dem pensionierten Marine-General, der Trumps erster Pentagonchef wurde.

Austin kann auf eine mehr als 40 Jahre lange Militärlaufbahn zurückblicken. Als erster schwarzer General stand er dem Central Command vor, dem für den Nahen Osten zuständigen Kommando der US-Streitkräfte. 2012 wurde er der erste Vizestabschef des Heeres. Austin diente zudem als Direktor des Vereinigten Generalstabs.

Biden arbeitete in seiner Zeit als Vizepräsident 2010 und 2011 eng mit Austin zusammen, als die USA ihre militärische Präsenz im Irak herunterfuhren. Damals war Austin Top-Kommandeur in Bagdad. Die USA zogen ihre Soldaten komplett ab, nur um 2014 zurückzukehren, als die Terrormiliz Islamischer Staat weite Teile des irakischen Territoriums einnahm. Beim Central Command galt Austin als wichtiger Architekt der Strategie zur Niederschlagung des IS im Irak und in Syrien.

Manche Probleme, mit denen Austin nun konfrontiert ist, kennt er, darunter Afghanistan. Das Weiße Haus teilte mit, Bidens nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan habe seinem afghanischen Pendant am Freitag mitgeteilt, dass die neue Regierung die im Februar 2020 mit den Taliban geschlossene Vereinbarung überprüfen werde, die vorsieht, dass die USA alle ihre Soldaten bis Mai dieses Jahres abziehen.

In seiner Anhörung im Senat versprach Austin, hart gegen Befürworter der Ideologie einer angeblichen Überlegenheit der Weißen und des gewaltsamen Extremismus im US-Militär vorzugehen. Er werde „unsere Reihen von Rassisten“ befreien. Das Problem nehme er persönlich, sagte Austin. Der Job des Verteidigungsministeriums bestehe darin, Amerika vor seinen Feinden zu schützen. „Doch das können wir nicht, wenn einige dieser Feinde in unseren Reihen liegen.“

Konjunkturpaket soll rasch durch den Kongress

Zudem will Biden rasch ein von ihm vorgeschlagenes Konjunkturpaket in Höhe von rund 1,9 Billionen US-Dollar (knapp 1,6 Billionen Euro) durch den Kongress bringen. Biden wirbt dafür mit Nachdruck.

„Wir müssen entschlossen und mutig handeln“, forderte Biden am Freitag, seinem dritten Tag im Amt. Angesichts der Coronakrise sei es nötig, die Wirtschaft anzukurbeln, um damit schlimmere langfristige Schäden abzuwenden, sagte Biden im Weißen Haus. „Unsere Wirtschaft wird damit sowohl kurz- als auch langfristig stärker sein.“

Angesichts der extrem niedrigen Zinsen sei die zusätzliche Neuverschuldung durch das Konjunkturpaket eine „schlaue Anlage“ für den Staat, sagte der Demokrat weiter. „Wir müssen jetzt handeln“, betonte er. Das von Biden vorgeschlagene Paket entspräche fast zehn Prozent der US-Wirtschaftsleistung (BIP).

Die Demokraten kontrollieren mittlerweile beide Kongresskammern. Im Senat wird Biden für das Konjunkturpaket aber auch auf die Unterstützung einzelner Republikaner angewiesen sein. Bisherige Äußerungen gemäßigter Republikaner lassen Skepsis erkennen – auch weil der Kongress erst Ende Dezember ein Hilfspaket in Höhe von rund 900 Milliarden Dollar beschlossen hatte.

Unmittelbar nach der Zuspitzung der Coronapandemie in den USA hatte der Kongress im vergangenen Frühjahr bereits Konjunkturpakete in Höhe von fast drei Billionen Dollar beschlossen. Die US-Wirtschaft leidet weiter massiv unter der Coronakrise. Die offizielle Arbeitslosenrate liegt bei 6,7 Prozent. Vor der Krise hatte sie noch bei 3,5 Prozent gelegen.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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