Moorburg wird nicht geopfert

Die Handelskammer will beim Thema Hafenentwicklung über die Zukunft des Stadtteils Moorburg diskutieren. Doch Senat und Umweltverbände wollen nicht mitdebattieren

Sollen dem Hafen nicht weichen: Das Dorf Moorburg und die Kirche St. Maria-Magdalena vor dem Kraftwerk Moorburg Foto: blickwinkel/Imago

Von Marco Carini

Die Diskussion ist beendet, bevor sie noch begonnen hat. Die Forderung der Hamburger Handelskammer, den Stadtteil Moorburg, der offiziell noch immer Hafenentwicklungsgebiet ist, für die Wasserstoffwirtschaft zu opfern, stößt im Senat und in den Umweltverbänden auf einhellige Ablehnung.

Am Dienstag veröffentlichte die Handelskammer ihre Ideen und Forderungen für die Zukunft des zuletzt im europäischen Vergleich stark zurückgefallenen Hafens. Schon im Vorfeld war bekannt geworden, dass die Wirtschaftsvertretung Moorburg dem Hafen zugeschlagen will. Im „Zukunftsplan“ der Handelskammer“ befindet sich die glasklare Forderung, das „Hafenerweiterungsgebiet Moorburg zu einem Energie- und Klimahafen entwickeln.“

Am Dienstag aber ruderte die Handelskammer ein wenig zurück: In der Pressemitteilung zu ihrem „Zukunftsplan Hafen“ taucht Moorburg gar nicht auf und auf Nachfrage versicherte Kammerpräses Norbert Aust: „Es geht nicht darum, die Moorburger Häuser plattzumachen und den Stadtteil zu beseitigen.“ Doch genau das würde die Forderung der Handelskammer bedeuten.

Miriam Putz, hafenpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion, fordert deshalb mehr Genauigkeit: „Der Vorschlag zur Umgestaltung des Kraftwerks Moorburg zu einem Standort für eine grüne Wasserstoffindustrie ist zukunftsweisend. Der Auf- und Ausbau eines neuen Standorts darf jedoch nicht die Existenz des Dorfes Moorburg gefährden.“

Auch die Naturschutzverbände schlugen nach Bekanntwerden der Handelskammer-Pläne Alarm. Die Hamburger Landesvorsitzende des BUND, Christiane Blömeke, sieht die „Handelskammer auf Abwegen“ und klagt: „Unter dem Deckmantel das Klimaschutzes versucht die Kammer, eine unverantwortliche Verdrängungspolitik hoffähig zu machen und ein ganzes Dorf zu opfern.“ Es gäbe genügend andere Flächen im Hafenbereich für einen „Energie- und Klimahafen“.

„Der Stadtteil Moorburg muss eine dauerhafte Perspektive als Wohnort erhalten und aus dem Hafenerweiterungsgebiet entlassen werden“, fordert Blömeke. Auch für Nabu-Chef Malte Siegert ist die Idee, „Moorburg für die weitere Hafenentwicklung zu opfern, ein No-Go“ und verkörpert „eine rückwärtsgewandte Hafenplanung auf Kosten von Natur, Umwelt und Menschen“.

Moorburg ist seit 1961 Hafenerweiterungsgebiet, was der Stadt erlaubt, mit vereinfachten Verfahren Grundstücksenteignungen zum Zwecke der Hafennutzung durchzuführen.

Im Rahmen einer „Vorratsplanung“ hat die Stadt den überwiegenden Teil der alten Fachwerkhäuser gekauft und über Erbpacht weiter vergeben.

721 Menschen lebten Ende 2019 laut Statistik in Moorburg und dem benachbarten Altenwerder. Sie müssten weichen, sollte der Hafen nach Moorburg wachsen.

Pläne, einen Containerhafen in Moorburg zu bauen, wurden schon vor längerer Zeit ad acta gelegt.

Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und Grüne darauf geeinigt, dass Moorburg bis 2024 auch planerisch nicht angetastet wird.

Die Debatte um Moorburg – im Konzept der Handelskammer nur ein Randaspekt – verdeckt den Blick darauf, wie die Kammer den Hafen fit für die Zukunft machen will: Ein besseres Flächenmanagement, der Ausbau des Hinterlandverkehrs inklusive A26-Ausbau, die Digitalisierung der Hafenwirtschaft und die Einschränkung des Verbandsklagerechts etwa für Umweltorganisationen, die Planungsprozesse wie die Elbvertiefung in die Länge zögen, sind dabei die wichtigsten Anliegen der Kammer.

Vorschläge, die bei der CDU und dem Unternehmensverband Hafen Hamburg eine überwiegend positive Resonanz auslösten. Die Wirtschaftsbehörde hingegen ist von dem Vorstoß der Handelskammer wenig begeistert. Ihre Sprecherin, Susanne Meinecke, kann in dem Papier „nichts Neues“ entdecken und betont in Hinblick auf Moorburg: „Wir planen mitnichten, Moorburg dem Hafen zu opfern.“ Auch die Überlegungen, die Wasserstoffwirtschaft im Hafengebiet anzusiedeln, würden „die Moorburger in keiner Weise“ betreffen. Im vermutlich Ende 2022 fertiggestellten Hafenentwicklungsplan 2040 würde die Axt nicht an das Dorf angelegt werden.

BUND-Chefin Blömecke würde da gern ein wenig auf die Tube drücken: „Wirtschaftssenator Westhagemann ist gut beraten, endlich den neuen Hafenentwicklungsplan aufzustellen und den Tagträumen der Handelskammer ein Ende zu setzen.“