Der Hering wird britischer

Brexit-Folgen: erleichterte Autobauer, entsetzte Fischer

Seit 2016 versucht man sich in Niedersachsen nun zu wappnen für das, was da kommen mag, nach dem Brexit. Denn die wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Vereinigten Königreich sind stark und das betrifft vor allem die ohnehin gebeutelte Automobilindustrie und ihre Zulieferer, aber auch den Fischfang.

Immerhin schaffe das Abkommen jetzt Planungssicherheit, ließ der VW-Konzern an Weihnachten verkünden. Das ist für den Konzern und seine britische Tochter Bentley Motors wichtig.

Für die norddeutschen Fischer fällt das Urteil erheblich bitterer aus: Uwe Richter, Vorsitzender des Verbandes der deutschen Hochseefischerei, nannte den Brexit-Vertrag im Gespräch mit dem NDR „ein Desaster“. Um 25 Prozent müssen die EU-Fischer ihre Fangquoten in britischen Gewässern bis Juni 2026 reduzieren. Danach wird jährlich verhandelt, wie bei anderen Nicht-EU-Staaten auch.

Bitter ist das für die Herings- und Makrelenfänger, weil sich die erwachsenen Tiere nun einmal bevorzugt in den kühleren und sauerstoffreicheren Gewässern im Norden aufhalten. Ein Effekt, der durch den Klimawandel verstärkt wird.

Bis zu drei der verbliebenen sieben Hochseetrawler könnten überflüssig werden, hat der Verband bei früheren Gelegenheiten gewarnt. Insgesamt ist die Rede von ein paar Hundert Arbeitsplätzen – inklusive derjenigen in den Reedereien und der verarbeitenden Industrie in Cuxhaven, Bremerhaven und Saßnitz, die aber nicht ausschließlich an den deutschen Fangquoten hängen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) kündigte Hilfsprogramme an, nannte aber keine Details. Die Fangquoten für die einzelnen Fischarten sind auch noch gar nicht vereinbart – angesichts des zähen Brexit-Ringens hatte man die bisher nur bis März festgelegt. Ebenso auf Eis lagen bisher die Verhandlungen mit den Norwegern über die jährlichen Fangquoten. Gut möglich, dass man hier nun versucht, Spielräume zu nutzen. Umweltverbände wie der WWF befürchten, dass Nachhaltigkeit und Bestandspflege dabei das Nachsehen haben werden. Nadine Conti