Seebrücke fühlt sich bespitzelt

Wollte der Verfassungsschutz eine Aktivistin der Initiative anwerben?

Von Konrad Litschko

Das Gespräch schien unverfänglich. Christine R. (Name geändert) war beruflich auf einem Termin in Niedersachsen, ein Gespräch mit einem Polizeivertreter. Beim anschließenden Smalltalk interessierte sich der Mann auch für ihr politisches Engagement. Dann zog er seine Visitenkarte und gab zu erkennen, für wen er tatsächlich arbeitet: das Landesamt für Verfassungsschutz. Ob man nicht zusammenarbeiten wolle, soll er gefragt haben. Sie könne sich ja mal melden.

Das Gespräch fand bereits Ende September statt, der Inhalt ist die Schilderung von Christine R. Publik macht es nun die Seebrücke – eine Initiative, die sich für die Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland einsetzt. Und in der auch Christine R. als Netzwerkerin aktiv ist. Für die Seebrücke ist damit klar: Der Verfassungsschutz zielte auf ihre Initiative, er wollte eine Informantin anwerben. Die Gruppe verurteilt das als „nicht nachvollziehbaren“ Einschüchterungsversuch. Man sei eine „demokratische zivilgesellschaftliche Bewegung“. Zur Seebrücke gehören Flüchtlingsräte, Seenotretterteams oder die Interventionistische Linke.

Eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums sagte auf taz-Anfrage, man äußere sich zu operativen Angelegenheit nicht. Die Seebrücke sei aber „weder Beobachtungs- noch Verdachtsobjekt“ des Verfassungsschutzes. Trifft dies zu, müsste ein Anwerbeversuch auf die sonstige politische Tätigkeit von Christine R. zielen. Von der Seebrücke aber heißt es, die Frau sei nur für ihr Engagement bei der Ini­tiative bekannt.

Schon der Hamburger Verfassungsschutz hatte die Seebrücke zuletzt als „linksextremistisch beeinflusst“ bezeichnet, mit Verweis auf das Mitwirken der radikaleren Interventionistischen Linken. Die Seebrücke hält dagegen, dass der Einsatz für Menschenrechte nicht extremistisch sein könne.