Kramp-Karrenbauer bleibt CDU-Chefin

Zumindest vorerst: Die Christdemokraten sagen erneut ihren Parteitag ab –
bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden dürften noch Monate vergehen

Von Daniel Godeck

Wie die Pandemie auch den politischen Betrieb durcheinanderwirbelt, war am Montagmittag einmal mehr im Konrad-Adenauer-Haus zu besichtigen. In der Berliner CDU-Parteizentrale trat Generalsekretär Paul Ziemiak vor die Presse, um zu verkünden, was viele längst geahnt hatten: Wie schon im Frühjahr fällt auch der für den 4. Dezember geplante Bundesparteitag in Stuttgart pandemiebedingt aus – somit auch die Wahl eines neuen Parteichefs.

„Die Lage ist ernst“, begann Ziemiak. So ernst, dass ein klassischer Präsenzparteitag mit 1.001 Delegierten, aber auch eine hybride Variante, in der die Mitglieder auf verschiedene Orte verteilt würden, derzeit „nicht zulässig“ sei. Die Parteispitze werde nun Mitte Dezember, spätestens aber auf einer Vorstandsklausur am 15. und 16. Januar, darüber entscheiden, wie es weitergeht.

Zuvor hatte der Parteivorstand einen Vorschlag von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Verschiebung zugestimmt. zugestimmt. Während die Bewerber Armin Laschet, der NRW-Ministerpräsident, und der Außenpolitiker Norbert Röttgen die Absage begrüßten, stellte sich der einstige Unionsfraktionschef Friedrich Merz, der ebenfalls CDU-Chef werden will, deutlich dagegen.

Mehr noch: Er, der vor allem an der Basis viele Fans hat, sieht darin sogar eine Verschwörung gegen sich. „Es gibt Teile des Parteiestablishments, die verhindern wollen, dass ich Parteivorsitzender werde, und damit wird jetzt auch dieser Parteitag verbunden“, sagte er am Morgen in der ARD. Er verlangte als Alternative einen reinen digitalen Parteitag.

Doch so einfach ist das wohl nicht. Ein rein digitaler Parteitag, bei dem auch elektronisch abgestimmt würde, verstieße offenbar gegen das Parteiengesetz. So sehen sie es jedenfalls im Konrad-Adenauer-Haus. Würde man so wählen, wäre das „verfassungsrechtlich problematisch“ und „anfechtbar“, wie ein Parteisprecher auf taz-Nachfrage sagte. Zunächst sei daher eine Grundgesetzänderung nötig. In den Gremiensitzungen soll Innenstaatssekretär Günter Krings derlei rechtliche Bedenken vorgetragen haben.

Bliebe als weitere Option ein Präsenzparteitag zu einem späteren Zeitpunkt, der aber stark vom weiteren Infektionsgeschehen abhängt. Der Mittelweg wäre ein Mix aus digitaler Vorstellungsrunde und analoger Briefwahl. Der Bundestag hatte neulich die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen. Nur: Da der ganze Vorstand neu gewählt werden muss, wäre das ein langatmiger Prozess. Das würde „70 oder mehr Tage“ dauern, sagte Ziemiak. Heißt: Selbst wenn man sich im Dezember darauf einigte, gäbe es – Vorlaufzeit eingerechnet – vor März wohl kaum einen neuen CDU-Chef.

Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur dürften also auch zu Beginn des Wahljahres 2021 ungeklärt bleiben. „Es gibt eine Sehnsucht nach einer Entscheidung“, räumte Ziemiak selbst ein. Wann sie fallen wird, scheint nach diesem Montag ungewisser denn je.

meinung + diskussion