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Schweden sieht seine Schuldigkeit erfüllt und nimmt nicht einen Flüchtling auf

Aus Stockholm Reinhard Wolff

Die SchwedInnen gelten bekanntlich als Weltmeister im Schämen. Klimascham, Konsumscham – die „flyg­skam“ wurde gar ein Exportschlager. Rund zwei Dutzend Wortverbindungen mit „skam“-Endung listet das amtliche Wörterbuch der schwedischen Sprache auf. Die Moria-Scham fehlt bisher. Dabei wäre sie dringend nötig. Muss Schweden sich nicht in Grund und Boden schämen, keinen einzigen Flüchtling aus Moria aufnehmen zu wollen und zu meinen, mit der Lieferung von 1.700 Decken und 100 Schlafsäcken seine Schuldigkeit getan zu haben?

Moria ist ein Schande. Das bestreitet kaum jemand. Doch dafür müsse sich nicht Schweden schämen, es sei die Schande Griechenlands und der EU. Der größte Teil der SchwedInnen scheint dieses Narrativ der Regierung übernommen zu haben. Schweden habe während der Flüchtlings-„Welle“ im Jahr 2015 seine Pflicht getan und müsse erst einmal die fast 200.000 Menschen, die man damals aufgenommen habt, einigermaßen anständig integrieren, sagte Ministerpräsident Stefan Löfven: Jetzt seien die „anderen“ dran. Um dieses Prinzip gar nicht erst in Frage stellen zu lassen, verweigert die rot-grüne Regierung jeden auch nur symbolischen Beitrag wie die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland.

Dass das in Dänemark nicht anders ist, wundert weniger. Zwar wird das Land seit einem Jahr wie alle drei skandinavischen EU-Staaten sozialdemokratisch regiert, an der an der restriktiven Asylpolitik der rechten Vorgängerregierungen hat sich in Kopenhagen deshalb aber kein Deut geändert. Man wolle keinen Präzedenzfall, verkündete Integrationsminister Mattias Tesfaye: Würde man die Tür nur einen Spalt öffnen, riskiere man „Migrationsströme“. Regierungschefin Mette Frederiksen hat übrigens den Anspruch „Børnenes statsminister“ sein zu wollen – „Ministerpräsidentin der Kinder“. Die Kinder und Jugendlichen aus Moria sind damit aber offenbar nicht gemeint.

Dagegen fällt Finnland mit der Ankündigung exakt elf Minderjährige aufnehmen zu wollen, regelrecht positiv aus dem Rahmen. Schon im Frühjahr hatte die Regierung in Helsinki beschlossen, Griechenland und Zypern 175 Asylsuchende abzunehmen, insbesondere Familien mit kleinen Kindern. 88 sind mittlerweile nach Finnland gekommen. Die jetzigen elf werden nun penibel auf die Quote dieser 175 angerechnet.

Ausgerechnet das konservativ regierte Norwegen preschte gleich nach den ersten Bildern der Feuer in Moria vor und kündigte die Aufnahme von immerhin 50 Minderjährigen an. Die Sozialdemokraten, hier in der Opposition, drängen auf eine deutliche Aufstockung dieser Quote. Auch die Zivilgesellschaft setzt Zeichen: Über 50.000 Unterschriften sammelte der Aufruf #50erikkenok – „50 sind nicht genug“ binnen zwei Tagen. Laut einer Umfrage schließen sich 59 Prozent der NorwegerInnen dieser Meinung an.

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