Bert Schulz lässt sich in die Zukunft der Kieze entführen
: Schritt für Schritt ins Paradies

Unter einem – oder dem – Paradies versteht jede und jeder ein bisschen was anderes. Aber dieser im Kreuzberger Rathaus ausgestellte Entwurf der Bergmannstraße kommt einem innerstädtischen Wohlfühlort ziemlich nahe. Statt fahrender und parkender Autos dominieren RadfahrerInnen und FußgängerInnen, die nicht länger an den Rand gedrängt werden, das Bild. Zwischen beiden, als natürliche Trennung quasi, soll ein Wasserlauf gebaut werden, was stark an die „Bächle“ im südwestdeutschen Freiburg erinnert, der ursprünglichen Heimat vieler BewohnerInnen dieses Viertels.

„Der Bergmannkiez wird unser Modellprojekt für den Kiez der Zukunft“, sagt Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann am Mittwoch bei der Vorbesichtigung der Ausstellung. Nach dem Willen des Bezirksamts soll die Bergmannstraße zwischen Nostitz- und Schleiermacherstraße für den motorisierten Individiualverkehr gesperrt und zur Fußgängerzone werden, die RadlerInnen bekommen baulich separiert davon einen zweispurigen, mindestens vier Meter breiten eigenen Weg, die Baumscheiben werden vergrößert. Überall gilt Tempo 20. Und der umliegende Kiez wird durch ein umfassendes System von Sperrungen und Einbahnstraßen in das Verkehrskonzept eingebunden. Grüner soll das Viertel werden, weniger mit Schadstoffen belastet, leiser und auch sicherer für die Menschen.

Beschlossen wurde das Konzept vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg am Dienstag. Nun muss das Bezirksparlament der Planung in mehreren Sitzungen bis Ende November noch zustimmen. Passiert das – wovon Bezirksbürgermeisterin Herrmann offenbar ausgeht –, soll es nächstes Jahr einen städtebaulichen Wettbewerb geben, bei dem genau geklärt wird, wie die Umsetzung aussehen soll. Bei den wesentlichen Vorgaben werde es keine Änderung geben, betont der Leiter des Straßen- und Grünflächenamts, Felix Weisbrich.

Warum das alles in allem neun Jahre gedauert hat? Dazwischen liegen viele Beteiligungsformate mit AnwohnerInnen und Gewerbetreibenden, verpatze Versuche wie mit den viel kritisierten Parklets sowie aus dem Ruder gelaufene Diskussionsveranstaltungen.

Von einer „sehr dynamischer Debatte“ spricht Herrmann: „Jeder und jede, die sich einbringen wollte, hatte dafür die Chance.“ Nun werde der Bürgerwille umgesetzt. Natürlich erwartet Herrmann weitere Diskussionen, schließlich fallen zwischen 90 und 190 Parkplätze weg. Aber, sagt sie: „Viele Initiativen in Berlin erwarten eine solche Umgestaltung auch für ihren Kiez.“ Doch selbst im Bergmannkiez dauert es noch bis zum Paradies: Erst 2023 oder 24 werde der Umbau fertig sein, sagt Amtsleiter Weisbrich.