Atombombenbauer geehrt

In Göttingen fordert die Anti-Atom-Initiative, dass eine Ehrentafel für Robert Oppenheimer abgehängt wird

Von Moritz Klindworth

Zum 75. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf die japanische Stadt Hiroshima fordert die Anti-Atom-Initiative Göttingen in einem Schreiben an die Fraktionen des Stadtrats, eine Ehrentafel für Robert Oppenheimer zu entfernen oder mit einer Zusatztafel zu versehen. Diese sei eine Ehrung für einen „skrupellosen Wissenschaftler“.

Die Tafel hängt an seinem früheren Wohnhaus am „Am Geismartor 4“. Oppenheimer ist jüdisch-deutscher Abstammung und wuchs in New York auf. Nach seiner Hochschulausbildung in Chemie und Physik in Harvard promovierte er von 1926 bis 1927 bei Max Born in Göttingen.

Prominent ist Oppenheimer für seine Mitwirkung am Manhattan-Projekt. Die US-Regierung bündelte darin alle Forschungen zur Entwicklung und zum Bau einer Atombombe. 1943 übernahm Oppenheimer die wissenschaftliche Leitung. Am 16. Juli 1945 testeten die Amerikaner die Bombe in der Wüste von New Mexico, bevor sie den „Little Boy“ am 6. August 1945 über Hiroshima abwarfen und damit 20.000 bis 90.000 Menschen unmittelbar töteten. Die Atombombe „Fat Man“ warfen sie drei Tage später über Nagasaki ab.

Die Gedenktafel für Oppenheimer in Göttingen hat Stadträtin Petra Broistedt (SPD) erst am 16. April 2018 enthüllt. Die „Tafelwürdigkeit“ Oppenheimers hatte das Institut für Historische Landesforschung der Uni Göttingen 2016 festgestellt. Oppenheimer sei ein wichtiger Protagonist der „Göttinger Physik“ der Zwanzigerjahre, geht aus dem Gutachten hervor.

Doch auch seine Mitwirkung am Manhattan-­Projekt wird darin thematisiert. Es bestehe eine gewisse Berechtigung, ihn als „Vater der Atombombe“ zu bezeichnen. Beteiligt an der politischen Entscheidung des Abwurfs der Bomben über Japan seien die Forscher jedoch nicht gewesen.

Nach 1945 war Oppenheimer als wissenschaflicher Berater der Atomic Energy tätig und engagierte sich für die friedliche Nutzung der Atomenergie. Die Entwicklung von Atombomben und Massenvernichtungswaffen habe Oppenheimer als grundlegenden Konflikt seiner Generation und als persönliche Tragik empfunden, so das Gutachten.

Annette Ramaswamy von der Anti-Atom-Initiative Göttingen wirft den Wissenschaftlern des Manhattan-Projekts, darunter Oppen­heimer, vor, dass sie „nicht rechtzeitig die Notbremse gezogen haben“. Oppenheimer sei bewusst nach Amerika gegangen, um die Atombombe zu bauen. Eine Ehrung in der Stadt empfindet sie deshalb nicht als angemessen.