Fernsehrechte der Fußball-CL: Premium-Gehabe

Sky verliert die Champions-League-Rechte. Der Sender steht damit unter Druck, denn er hat wichtige Entwicklungen verschlafen.

Männer in den Trickos des FC Liverpool recken den Champions-League-Pokal in die Höhe

Zuletzt gewann der FC Liverpool die lukrative Champions League Foto: Carl Recine/rtr

Der Magenschlag kam mit Ansage: Seit Dezember schon ist klar, dass Sky ab der Saison 2021/22 keine Champions League der Männer mehr zeigen wird. Nun hat sich Dazn den Großteil der Spiele exklusiv gesichert. Die Cham­pions League ist das Filetstück europäischer Sportrechte, auch viele Hertha-Fans interessiert ja irgendwie, was der FC Bayern gegen Chelsea macht. Doch im Rennen der beiden Geldverbrennungsmaschinen Sky und Dazn ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Fußball im Bewegtbild ist in Deutschland ein Minusgeschäft. „Die Ausgaben für Sportrechte sind für die meisten Sender überhaupt nicht refinanzierbar“, sagt Kommunikationswissenschaftler Michael Schaffrath von der TU München. „Sportrechte allein haben sich noch nie gerechnet.“ Nicht bei Dazn, das bislang permanent hohe Verluste macht und von Investor Leonard Blavatnik lebt. Nicht bei Sky, das zwanzig Jahre lang in Deutschland fast nur Verluste erzielte.

Ein Bericht von 2017 rechnete aus, dass Sky damals täglich 776.000 Euro verlor. Sportrechteexperte Kay Dammholz, einst bei der DFL und später bei Dazn tätig, fasst das Dilemma so zusammen: „Sport bringt dir die Leute in den Laden, und dann musst du ihnen, um Profite zu machen, was anderes anbieten.“ Das klassische Amazon-Konzept, wo die Shopper mit Filmen, Serien und ein bisschen Fußball bespaßt werden.

Sky versucht es mit einer Kombination aus Sport und Serien, Dazn will den Beweis antreten, dass Livesport allein trägt. Doch der Streamingdienst hat sich dabei selbst limitiert. Dammholz: „Dazn steht für niedrige Preise und Fan-Nähe, sie können daher meines Erachtens nicht über die 20-Euro-pro-Monat-Schwelle drüber.“ Durch diese Monokultur mit ausschließlich wirtschaftlich wenig rentablen Sport­rechten könnte es durchaus eng werden für den Internetsender mit seinen aggressiven Dumpingpreisen. Offen, wer zuerst einknickt.

Ältere Semester

Das größte Problem von Sky sind letztlich weniger die roten Zahlen in Deutschland (im Ausland ist man nämlich durchaus profitabel), sondern seine Unbeweglichkeit. Dazn, Amazon und Netflix teilen ganz zentrale Eigenschaften: sie sind unkompliziert, einfach kündbar, günstig, flexibel. Das klassische Sky-Abo ist nichts von alledem. „Auf die neuen Rahmenbedingungen im Wettbewerb hat Sky bisher kaum Antworten gefunden, und bald könnte es zu spät sein, um noch angemessen reagieren zu können“, urteilt Marco Klewenhagen, Geschäftsführer des Sportbusiness-Magazins Sponsors.

Die AbonenntInnen-Klientel bleibt älteren Semesters, das Bundesliga-Abo kostet dreimal so viel wie bei der Konkurrenz von Dazn, und laut einer aktuellen Studie verliert Sky vor allem aufgrund des schlechten Preis-Leistungs-Verhältnisses KundIn­nen. Das Premium-Gehabe und die Exklusivrechte am Altherren­zirkus Formel 1 wirken arg aus der Zeit gefallen gegenüber der Hipster-tauglichen Hemdsärmeligkeit von Dazn. Eine Antwort muss Sky nicht unbedingt auf die Champions League finden. Aber dringend auf die Streaming-Generation.

Interessant wäre gewesen, wie Sky zu alledem steht, doch der Sender schickt nur ein generelles Statement. Dort heißt es etwa, man werde die Zahl deutscher Originalserien wie „Babylon Berlin“ in den nächsten drei Jahren verdoppeln, außerdem „in den kommenden 18 Monaten vier neue Sendermarken starten: Sky Crime, Sky Documentaries, Sky Nature und Sky Comedy.“ Vielgleisig will man die wichtigste Währung sammeln: AbonnentInnen, durchaus vielleicht auch mit anderen Gedanken. „Pay-TV hat noch nie auf dem deutschen Markt eine Antwort gefunden, die sich operativ rechnet“, sagt Marco Klewenhagen. „Aber natürlich kann man ein Abo-Modell-Business aufbauen und verkaufen. Alle Gesellschafter, die Sky weiterverkauft haben, konnten damit erhebliche Gewinne erzielen.“

Aktueller Besitzer ist der US-Riese Comcast, der sich Sky in einer jahrelangen Schlacht gegen Disney rund 35 Milliarden Euro kosten ließ. Auch deshalb wird so schnell niemand Sky abstürzen lassen. Für den größten US-Kabelnetzbetreiber und Mutterkonzern von Universal Pictures sind die rund 23 Millionen europäischen Sky-AbonenntInnen spannende Kundschaft, ein Schlüssel zum europäischen Markt. Und Verluste in Deutschland vielleicht ein annehmbarer Kollateralschaden. Solange die Kundschaft nicht überall abwandert. Das wäre dann wirklich ein Problem für Sky.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.