: Erst Datenleck, dann Klage
Erneuter Abbruch der Befragung zur Pflegekammer
Von dem, was die Pflegekammer Niedersachsen konkret macht, dringt wenig nach außen – von viel Unmut und Personalquerelen dafür umso mehr. Und nun ist die Mitgliederbefragung, deren Ergebnis über den Fortbestand der Kammer entscheiden wird, schon wieder gestoppt worden.
Los ging der Ärger um die Kammer mit ihrem ersten Beitragsbescheid: Sie hatte ihre Mitglieder – examinierte Alten- und KrankenpflegerInnen – Ende 2018 aufgefordert, für das vergangene Halbjahr ihren Pflichtbeitrag zu überweisen oder besser: Sie wollte es. Denn tatsächlich bekamen auch PflegehelferInnen, gänzlich Berufsfremde oder ehemalige PflegerInnen eine Rechnung, obwohl sie gar keine Kammermitglieder waren. Für sie alle legte die Kammer ein Gehalt von 70.000 Euro pro Jahr zugrunde – so viel verdient quasi niemand, der in der Pflege arbeitet.
Dieser mehr als unglückliche Start zog Proteste und eine Petition nach sich, die die Auflösung der Kammer forderte und von über 50.000 Menschen unterschrieben wurde. Das hatte Erfolg: Ende 2019 beschloss die niedersächsische Regierung, dass die Kammer beitragsfrei werden soll. Das Land kompensierte die fehlenden Einnahmen.
Aber auch gegen die Zwangsmitgliedschaft regte sich Widerstand, eine Krankenschwester reichte sogar Klage dagegen ein. Und dann gab’s noch das Misstrauensvotum gegen die mittlerweile zurückgetretene Kammerpräsidentin Sandra Mehmecke. Da wurde es auch Niedersachsens Sozialministerin zu bunt: Die rund 90.000 Pflegekräfte selbst, beschloss sie, sollten nun über den Fortbestand der Kammer abstimmen. Im Juni musste die Onlinebefragung allerdings gestoppt werden, wegen eines Datenlecks.
Auch der Beginn der neuen Befragung am vergangenen Dienstag endete schnell: Noch am gleichen Tag wurde sie auf Bitten des Verwaltungsgerichts wieder gestoppt. Ein Pflegekammermitglied hatte gegen die Herausgabe seiner Adressdaten geklagt – zwar erfolglos, aber nun zieht er vors Oberverwaltungsgericht. Ende: offen. Simone Schnase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen