Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wo Nazi-Aufkleber auf Firmeneigentum kleben

Foto: Jungsfoto: dpa

Ist so ein Aufkleber nun Haltung eines Unternehmens oder einzelner Mitarbeiter? In Flensburg fiel einem Passanten an der Frontscheibe eines LKW einer Flensburger Gerüstbaufirma der Spruch „Klagt nicht, kämpft!“ auf, – in Frakturschrift zieht er sich fast über die ganze Breite der LKW-Scheibe. Unübersehbar. Der kämpferisch-soldatische Slogan ist in der rechtsextremen Szene äußerst beliebt. Der Passant, der sich später an die taz gewandt hat, entschied sich, die Gerüstbaufirma damit zu konfrontieren.

Er fragte per Mail, wie „solch eine Wegschaukultur herrschen kann, dass so etwas so lange unentdeckt bleibt“. Und das Unternehmen reagierte: „Der Aufkleber wurde direkt entfernt“, sagt die Geschäftsführerin des Unternehmens mit 20-jähriger Tradition der taz. „Somit sehe ich die Angelegenheit als erledigt an.“ Dem gegenüber steht allerdings die Darstellung des Passanten: Er berichtet, dass das Unternehmen zunächst ihn aufforderte, er solle das Foto löschen und eine Bekannte den LKW Tage später erneut mit dem Aufkleber sah.

Bei diesem Vorfall geht es nicht darum, ein Unternehmen namentlich an den Pranger zu stellen. Es zeigt vielmehr, wie weit sich das Sag-, Wähl- und Handelbare in den vergangenen Jahre nach rechts verschoben hat. Verschiedene Studien zu rechten Ressentiments zeigen, wie stark sich solche Ansichten verbreitet haben. So heißt es etwa in der Mitte-Studie von 2018/19 der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass jede zweite befragte Person „zur Abwertung von Asylsuchenden“ neigte. Von einem Rand der Gesellschaft sollte schon lange nicht mehr gesprochen werden.

Anfang des Jahres war einem Hamburger am Timmendorfer Strand am LKW einer Gerüstbaufirma aus Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls ein Aufkleber aufgefallen. An der Fahrertür prangte: „Führerhaus. Fahrer spricht Deutsch“. Laut der Hamburger Morgenpost distanzierte sich das Unternehmen zunächst nicht: „Mit solchen Schriftzügen haben wir kein Problem“, zitiert die Mopo eine Frau, die zur Geschäftsführung gehören soll. Und weiter: „Es heißt ja auch Führerschein.“

Erst nachdem ein weiteres Foto eines Firmen-LKWs mit großer SS-Fahne an der Front auftauchte, ging die Firma auf Distanz, stellte Strafanzeige und beteuerte, man distanziere sich von „rechtsradikalem Gedankengut“.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Die Herkunft des Slogans „Klag nicht, kämpft“, der auch bei Eliteeinheiten der Bundeswehr auftauchte, ist nicht genau bekannt. In der Wehrmacht soll er nicht von der Fallschirmjägertruppe genutzt worden sein, obwohl dies häufig behautet wird. Das erklärte das Verteidigungsministerium im Jahr 2013.

Heute ist der Spruch als Lebensmotto verbreitet – und er hat seinen Weg in die gesellschaftliche Mitte gefunden: 2017 postete der frühere Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel (FDP), eine Schwarz-Weiß-Zeichnung von einem Wehrmachtsoldaten mit der Kampf-Botschaft. Niebel ist Reserveoffizier der Fallschirmjäger und Manager bei einer Rüstungsfirma. Für das Bild hagelte es Kritik. Seine Partei twitterte schlicht: „Wir distanzieren uns von Dirk Niebels Facebook-Post. Niebel hat keine Funktion mehr in der FDP inne.“