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Die WahrheitWeiches aus der Steckdose

Vergesst Wasserstoff! Oder Windräder! Der neueste Trend in der Energiewirtschaft ist der Strom, der von der grünen Weide kommt.

Quelle der neuartigen Energie: die Stromkuh Foto: Rüdiger Kind

In Hipster-Kaffeebars ist er Kult, Slow-Food-Köche kochen nicht mehr ohne ihn, und vollelektrische Autofahrer sind ganz verrückt nach ihm. Deutschlands Nachhaltigkeits-Community schwört auf den heißesten Trend auf dem Feld der erneuerbaren Energien: Weidestrom. Ob Kaffeemühle, Induktionsherd oder E-Mobil – alle wollen die Geräte des modernen Lebens mit dem Strom betreiben, der von der Weide kommt. Konventionell erzeugte oder gar Atomenergie ist natürlich schon lange out, aber auch Strom von Windrädern, Wasserkraftwerken oder Biogasanlagen ist in der Ökoszene nur noch zweite Wahl.

Doch wo kommt er her, der Strom, den alle haben wollen? Besuch beim Erfinder des revolutionären Projekts, das die Welt der erneuerbaren Energien gehörig durcheinanderwirbelt. Alois Wolfhammer ist ein bayerisches Mannsbild wie aus dem Bilderbuch – Lederhose, passionsspieltauglicher Vollbart, Ganzkörper-Tattoo mit Bibelmotiven. Der 36-jährige „Strombauer“, wie er sich selbst bezeichnet, führt den Besucher auf die Wiese hinter seinem Bauernhof im oberbayerischen Aberding. Sieht alles genauso aus wie auf tausend anderen Wiesen auch, auf denen friedlich weidende Kühe den lieben langen Tag wiederkäuen. Doch Wolfhammers Tiere haben einen anderen Daseinszweck, als nur Milch und Fleisch zu produzieren. Er hat in endlosen Versuchsreihen eine millimeterdünne Solarfolie entwickelt, die auf die Kühe aufgesprüht wird und sie in wandelnde Solarkollektoren verwandelt. Seine „Stromkühe“, wie er sie liebevoll nennt, erzeugen den Weidestrom, der momentan alle aus dem Häuschen geraten lässt.

„Was die Resi hier produziert“, erklärt er dem Reporter, während er einer braun-weiß gefleckten Kuh den Rücken tätschelt, „ist die nachhaltigste Energie, die Sie heute kriegen können. Natürlich, friedvoll, regional, direkt von der Weide.“ Strombauer Wolfhammer scheint mit seiner Erfindung ein altes Problem der erneuerbaren Energie in Bayern gelöst zu haben. Anders als in Norddeutschland gibt es hier viel zu wenig Windräder, die Genehmigungen sind rückläufig, und ein großer Teil der Bevölkerung ist gegen die „Verspargelung“ der Landschaft. Wolfhammers Idee war es, diesen Standortnachteil mit der im Alpenvorland verbreiteten Weidehaltung der Rinder auszugleichen. Kühe als mobile Solarkollektoren können hier wesentlich dazu beitragen, den erneuerbaren Anteil der Energiegewinnung zu vergrößern.

Gekoppelte Kühe auf Kontaktplatten

Schön und gut, wird sich mancher fragen, doch wie kommt der Strom von der Kuh ins Netz? Hier kommt Wolfhammers zweite Erfindung ins Spiel: seine Tiere speisen die gesammelte Energie mit Hilfe der induktiven Kuh-Mast-Kopplung (KMK) noch auf der Weide direkt ins Stromnetz ein. Ähnlich dem Wireless Charging bei Handys müssen sich die Kühe dazu nur mit allen vier Hufen auf eine Kontaktplatte stellen, die im Betonfundament der Strommasten eingelassen ist, und schon fließt die Energie ungehindert in die Hochspannungsleitung und von dort in die nahegelegene Strom-„Molkerei“ des umtriebigen Familienvaters.

Doch es regen sich Gegenstimmen: Tierschützer lehnen diese Form des Strom-Farming vehement ab und haben auch schon eine Protestaktion vor Wolfhammers Weide durchgeführt. Andere halten das ganze Projekt für esoterischen Quatsch und üble Abzocke, verbreitet mit Hilfe ausgebuffter Marketing- und Werbeprofis, die ahnungslosen Weicheiern stinknormalen Strom zu Premiumpreisen verhökern wollen.

Dem widersprechen Wolfhammers Kunden. Sie sind von der Idee und der unvergleichlichen Qualität des Weidestroms restlos überzeugt. Sven Rupp, Betreiber des Münchner Cafés Filterwerk und Erstkunde, schwärmt etwa vom unvergleichlich sanften Ansprechverhalten seiner Kaffeemühle: „Schauen Sie nur, wie wunderbar weich der Weidestrom aus der Steckdose strömt. Da kann Atomstrom nicht mithalten. Mit Weidestrom werden die Bohnen ganz achtsam durchs Mahlwerk geleitet und die vielschichtigen Aromen dadurch perfekt herausgearbeitet.“

Stromraritäten für anspruchsvolle Genießer

Ein anderer „glühender“ Verfechter ist Slow-Food-Koch Michael Zink. Für ihn ist Weidestrom unverzichtbarer Bestandteil seiner ganzheitlichen Küchenphilosophie: „Wer in seiner Küche ein Rind from nose to tail verarbeitet, für den ist Weidestrom alternativlos.“ Sein Wunsch für die Zukunft ist rassereiner Strom von alten Rinderrassen. Auf seine Anregung hin experimentiert Landwirt Wolfhammer schon mit diversen Stromspezialitäten und will mit „Black Angus Energy“ und „Murnau-Werdenfelser-Weidestrom“ ab nächstem Jahr die Sternegastronomie und auch den anspruchsvollen Genießer ansprechen. „Diese exklusiven Stromraritäten sind natürlich nichts für den Massenmarkt. Die braucht natürlich niemand, der nur seine Waschmaschine betreiben will“, weiß Wolfhammer, „aber für delikate Aufgaben bieten sie die perfekte Lösung.“

Wolfhammer wäre nicht der ideensprühende Macher, wenn er nicht schon wieder ein neues Projekt in der Pipeline hätte. Wie kann er die vielen Interessenten bedienen, die keine Möglichkeit haben, Weidestrom zu beziehen, entweder weil sie zu weit entfernt wohnen oder weil ihr abgelegenes Grundstück überhaupt nicht ans Stromnetz angeschlossen ist? Für diese Klientel arbeitet er mit Hochdruck an einer wahrhaft dezentralen Energiegewinnung.

„Die Stromkuh der Zukunft muss auch die Möglichkeit haben, den von ihr gesammelten Strom selbst zu speichern. Dann kann jeder seine eigene kleine Energieversorgung im Garten stehen haben.“ Den Namen für diese Weiterentwicklung hat er – gewitzt, wie er ist – schon markenrechtlich schützen lassen: die Akkuh.

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9 Kommentare

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  • Ich hätte da auch noch eine Idee:



    Wasserkraft aus dem Badezimmer: Einfach eine Wasserkraftturbine an den Wasseranschluss anschließen und den erzeugten Strom selbst nutzen. Das abfließende Wasser kann gleichzeitig zum regulieren der Pegelstände im trockenen Sommer genutzt werden.

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Ich kann nur schreiben, hier ist ein großer Erfinder aus der Anonymität hervorgetreten. Wir kennen jetzt seinen Namen.



    Aus Erfahrung tippe ich auf einen beruflichen Werdegang über die MMM(Messe der Meister von Morgen) bis hin zu der jetzt aufgezeigten, Generationen umspannenden, wissenschaftlichen Höchstleistung.



    Es sind die gesetzten Akzente die in der o. eingereichten Dissertation hervorstechen.



    Da wären..



    Alois Wolfhammer(hier ist's nur der Name..)



    .....eine millimeterdünne Solarfolie entwickelt, die auf die Kühe aufgesprüht wird...(hier wird es schon konkreter)



    ... induktiven Kuh-Mast-Kopplung (KMK)..(der wissenschaftliche Höhepunkt steht kurz bevor)



    ... wie wunderbar weich der Weidestrom aus der Steckdose strömt....(Ich kann nur noch den Atem anhalten...)



    ... rassereiner Strom von alten Rinderrassen. (BD: 161:94 P: 172)

    Hinführend zu summa cum laude d. D..

    ...die Akkuh.....

    opus eximium

  • Oh, ein Durchbruch in der Energiegewinnung aber mMn. noch im Laborstadium!



    .



    Es gibt noch viele ungelöste Fragen.



    -Wieviel Produktions- & Ladezyklen hält die Kuh aus, bis die nur noch 1/2 der Kapazität hat & gegessen werden will/muss



    -Wie ist das Abgasverhalten der Kuh, Methan gerade aus der Rinderproduktion ist 10X schlimmer als CO²



    -Wie deponiert man die Fest. bzw Weichstoffreste der Produktion. Wie immer in die Landschaft kippen geht gar nicht!



    Und wohl noch ungeklärt, aber wohl der wichtigste Punk dieser, NUR auf den 1. Blick umweltfreundlichen Bio-Produktion



    - Welchen Wirkungsgrad haben Bullen?



    - Sind da wirklich Mehrfachnutzungsrassen?



    Wenn da wieder Millionen Bullenkälber geschreddert werden, ist selbst dieser BIO-Strom ein absolutes NO-GO.



    .



    Aber so was sehen die !Dekadenten Feinschrecker, Slow-Food-Artisten aus dem Prenzelberg, & auch anderswo, natürlich nicht! Die wollen, auch auf Kosten des Mit-Tiers als absolute Hedonisten, nur lecker!



    .



    Eine auch mMn. innovative Entwicklung, doch ehe ich da was in ein Fundraisung einzahle, muss ein Bussines-Plan her der alle o.a. Einwende garantiert ausschliesst!



    .



    Wenn, was zu erwarten ist, die Bundesregierung mit Einspeisevergütungen, reagiert, muss aber die "soziale Komponente" ganz oben stehen. Nicht das die Konzerne dann mit "Seekühen" usw. die Masse der Förderung abgreifen, wie schon bei anderen Versuchen dieser Art & der Abstand zur Bebauung muss wenigsten 1,5 Km betragen um jegliche Belästigung des Wohnumfeldes auszuschliessen.



    .



    Der Tausch: Stromspargel versus Stromkuhscheiße bringt uns nich weiter!



    Brummt Sikasuu :-)



    Ps. Achtung!!!!



    Bei der langfristigen Umstellung der Stromproduktion wird es garantiert wieder zu industriellen Massentierhaltung kommen & das ist bei der Akkuh-Idee auch noch total ungeklärt:



    Wie hält man eine Strom-Kuh im Japanischen-Steingarten denn Artgerecht?

    • 0G
      05158 (Profil gelöscht)
      @Sikasuu:

      Hey, hey Bab! ;-)

      Wat soll'n det mit denne Prenzelbergern.



      Ick war da zwar in meinem vorletzten Leben(Gleimi) aber trotz der erfolgten umv..(det darf ick nich, wejen der Säge) des Bevölkerungsaustausches ist der Prenzlauerberg immer noch oder och noch en geiles Biotop(Hi.,Hi)

      • @05158 (Profil gelöscht):

        Vor allem wg hochhackig Dam&Kuhwild



        - wa! - 🥳 - Normal.

        • @Lowandorder:

          Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an -

          “Blinde Kuh -

          Glückauf!







          Nach der A-Kuh kommt die B-Kuh.



          Gab`s da nicht ein Kinderspiel?



          "B.(linde) Kuh, ich führe Dich..."



          Die C- und D-Kuh lass ich aus



          Die E-Kuh steht schon hinter`m Haus:







          "Auf der saftiggrünen Wiese



          weidet ausgerechnet diese



          eine Kuh, eine Kuh.

          Ach, ihr Herz ist voller Sehnen,



          und im Auge schimmern Tränen



          ab und zu, ab und zu.

          Was ihr schmeckte, wiederkaut se



          mit der Schnauze, dann verdaut se



          und macht Muh, und macht Muh.

          Träumend und das Maul bewegend



          schaut sie dämlich in die Gegend



          grad wie du, grad wie du."



          (Heinz Erhardt)“

          • 0G
            05158 (Profil gelöscht)
            @Lowandorder:

            Es zieht mich hin, es muß sein! Sollte ich nochmal neugeboren werden, lass ich die Eins im Namen weg.

            Kühe

            Wie in der ersten Frühe

            Der Nebel feig

            Sich dünne macht, stehn auf der Wiese Kühe,

            Und eine davon klackst jenen erstaunlich viel grünen Teig.

            Als wie im Paradiese!

            Warme Mastbäuche rauchen,

            Rührende Rotzmäuler tauchen

            In die Champagnerbläschen der Wiese.

            Sie wandeln mit viehischer Majestät

            Innerhalb ihrer Grenze,

            Schieben das Restchen von Nervosität

            In die Quaste ihrer Schwänze,

            Und ihre Euter schwappein und schlenkern

            So hunds — glücklich gemein — —

            Auch unter den Fürsten und ersten Künstlern und Denkern

            Benehmen sich manche wie ein Schwein.



            (J.R.)

            • @05158 (Profil gelöscht):

              btw - auch mir sind Kühe - ka schwätze! Eher hinterwärts vertraut. Unbedingt.



              &



              Mei Kinder/Enkel wisse dess zuschätze.



              Weil es mir mühelos gelingt -



              A’schließlich Fallstrecke -



              Dessalls akustisch zum Lebe zu erwecke.

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Schnaufe mer doch alle mal ins dritte Auge nei.



          "Die" kommen ja auch noch dazu...



          Die Prenzlschwäbin - Schwabylon



          www.youtube.com/watch?v=kTT7fBNVWls.

          Schauh ick hier uff die Hacken, nee.