corona in hamburg: „Akut das Bedürfnis stillen“
Hülya Melic45, ist im Vorstand der Elternkammer Hamburg.
Interview Michelle Bauermeister
taz: Frau Melic, wie funktioniert Lernen ohne Schule?
Hülya Melic: Wir haben tausend unterschiedliche Lehrer*innen. Jeder hat ein anderes Know-how – einige sind digital ziemlich gut und andere nicht. Das wirkt sich natürlich auf die Fernbeschulung aus. Viele Lehrer*innen haben von Anfang per Zoom-Konferenzen, Whatsapp und Videos den Kids Materialien zur Verfügung gestellt. Das hat sehr gut geklappt. Andere Schulen wiederum haben ganz lange gebraucht.
Und welche Schwachstellen gibt es zu Hause?
Der Internetzugang ist begrenzt. Wenn Eltern und Kinder gleichzeitig Homeoffice und Fernbeschulung haben, dann wird das Datenvolumen aufgebraucht. So braucht man unendlich lange, um Dateien herunterzuladen oder auf Onlinetools Hausaufgaben zu machen. Und umso mehr Menschen im Haus sind, desto schneller ist das Internet aufgebraucht und umso weniger kann man halt lernen.
Die Kampagne „Gutes Geben“ der Elternkammer will Abhilfe schaffen – wie?
Im Zuge von Corona wurden so viele Geräte gekauft, dass die Preise gestiegen sind. Es gibt auch keine ausreichenden Geräte mehr auf dem Markt. Wir stellen unter anderem Laptops zur Verfügung, damit total unbürokratisch jetzt sofort jeder lernen kann. Das ist noch lange nicht gegeben, weil viele angeben, dass sie zu Hause nicht richtig lernen können. So kann es auf jeden Fall keine Chancengerechtigkeit geben. Deswegen haben wir vor fünf Wochen angefangen, diese Kampagne aufzubauen, um akut das Bedürfnis der Leute zu stillen.
Von wem erhalten Sie die Spenden?
Von anderen Eltern. Das ist genau das, was wir wollten: Eltern helfen Eltern. Wir wollen natürlich vermeiden, dass irgendwelche Menschen die Geräte für andere Zwecke nutzen wollen. Deswegen verbünden wir uns mit den Schulen. Alle Schulen sind aufgefordert, den Bedarf an uns zu melden. Wir geben dann die Geräte an Schulen heraus und die verteilen sie an die jeweiligen Kinder.
Laut Digitalpakt sollen 12,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, um Tablets und Laptops zu kaufen.
Ich finde es total klasse, aber es wird noch Zeit in Anspruch nehmen. Wir brauchen es aber sofort. Die Schüler*innen müssen jetzt lernen und auch die vorangegangenen acht Wochen aufholen, weil das flächendeckend überhaupt nicht geklappt hat. Sie haben einen hohen Aufholbedarf und den können sie jetzt durch unsere Geräte abdecken.
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