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Zukunft des Hamburger HafensSklave der Vergangenheit

Die Rahmenbedingungen für den Hafen haben sich stark geändert, sagt HWWI-Chef Vöpel. Wer hier im alten Stil Geld versenke, verschenke die Zukunft.

Hier ließe sich mehr draus machen: leere Containerstellplätze Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Der Senat sollte seine Pläne für den Hafen grundlegend überdenken. Dieser Schluss lässt sich aus einem „Positionspapier“ ziehen, das der Chef des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Henning Vöpel im Auftrag der Umweltverbände Nabu, BUND und WWF erarbeitet hat. „Das Papier wäre für einen Industrieverband nicht anders ausgefallen“, versicherte Vöpel.

Der Ökonom hat analysiert, mit welchen globalen Trends in den kommenden 20 bis 30 Jahren zu rechnen ist und kommt zu dem Schluss: „Der gesamte Standort Hamburg ist von einem sehr grundlegenden technologischen und ökonomischen Strukturwandel betroffen, dessen Ausmaße durchaus als historisch bezeichnet werden können.“

Vöpel warnte deshalb davor, in den alten Bahnen des Umschlagmengenwachstums weiterzudenken. Das Geld, das die dafür nötige Infrastruktur verschlinge, wäre möglicherweise in anderen Feldern besser angelegt. Ohne damit einen politischen Vorschlag zu verbinden, verdeutlichte das Vöpel mit einem Vergleich anhand der neuen Köhlbrandquerung und der Elbvertiefung, die zusammen rund vier Milliarden Euro kosten: „Fragen Sie mal die Industrie oder die Wissenschaft, was die mit vier Milliarden Euro machen könnten.“

Vöpel betonte, es gehe nicht darum, den Hafen kaputt zu machen, sondern ihn zu transformieren und die passenden Richtungsentscheidungen für die nächsten Jahrzehnte zu treffen. Damit befeuert er eine Diskussion, die periodisch wiederkehrt. Mitte, Ende der 90er-Jahre wurden Richtungsentscheidungen für ein Verkehrs- und Umschlagswachstum getroffen – Elbvertiefung, Hafenerweiterung, vierte Elbtunnelröhre – die sich im Nachhinein anscheinend als richtig erwiesen haben.

Hamburg hat vom technischen Fortschritt und der Globalisierung weniger profitiert als andere Städte

Henning Vöpel, Chef des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts

Die Globalisierung brach damals erst los. Der LKW-Verkehr vervielfachte sich und bis zur Finanzkrise 2008 schien es auch so, als kennten die Umschlagszahlen insbesondere im Containerverkehr keine Grenzen.

Vöpels Analyse nach hat sich genau das gründlich geändert. Weil sich das internationale Machtgleichgewicht verschiebe, werde es über eine längere Zeit zu einem macht- statt regelbasierten Handelssystem kommen, was den internationalen Handel dämpfe. Überdies werde nach dem großen Sprung Chinas das weltweite Wachstum abnehmen und auch die Digitalisierung und Re-Regio­nalisierung werden zu einem Schrumpfen des Handelsvolumens führen.

Der Hafenumschlag werde von heute rund 9.600 auf höchstens noch 11.000 Standardcontainer pro Jahr wachsen. Dem stünden hohe direkte und indirekte Kosten des Hafens gegenüber. In der Klimabilanz schlage er als Sonderposten zu Buche, der in anderen Sektoren kompensiert werden müsse. Flächen und das Geld für Infrastruktur, die dem Umschlag gewidmet würden, fehlten in anderen, zukunftsträchtigen Bereichen mit mehr Wertschöpfung.

„Hamburg und der Norden haben vom technischen Fortschritt und den Markterweiterungen infolge der Globalisierung über längere Zeiträume weniger profitiert als andere Städte und Regionen“, schrieb Vöpel. Dieser Befund werde durch Gutachten der Handelskammer, der OECD und des HWWI gestützt.

Für die drei Umweltverbände stellt sich angesichts dieses Befunds mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen die Frage, ob der Senat nicht von einigen Vorhaben Abstand nehmen sollte. Dazu gehört die doppelte Planung einer neuen Köhlbrandquerung und der parallelen A26-Ost. Und natürlich die Elbvertiefung: Mit der Fahrrinnenverbreiterung sei das Wesentliche geschafft, sagte BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Alles weitere würde nur drastisch steigende Unterhaltungskosten nach sich ziehen.

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