Affäre um Staatliche Ballettschule: Spitzenmäßig gefährdet

Eine Expertenkommission sieht die Vorwürfe der Kindeswohlgefährdung an der Staatlichen Ballettschule in Prenzlauer Berg bestätigt.

Niederschmetternd: Hinter der Bühne lief an der Staatlichen Ballettschule vieles schief Foto: dpa

BERLIN taz | Die Aussage ist deutlich: „Es war Kindeswohlgefährdung“, sagt Klaus Brunswicker, Vorsitzender jener Expertenkommission, die die Vorwürfe gegen die Staatliche Ballettschule und Schule für Artistik in Prenzlauer Berg aufarbeiten soll. Am Montag stellte die Kommission einen ersten Zwischenbericht vor. „Ein großer Teil der Vorwürfe sind berechtigt“, sagte Brunswicker.

Die im Januar von SchülerInnen und LehrerInnen öffentlich gemachten Anschuldigungen wiegen schwer: Die Jugendlichen seien enormem Leistungsdruck ausgesetzt gewesen, es ging sowohl um seelische als auch um körperliche Gewalt; die Schulleitung habe Beschwerden unterdrückt. SchülerInnen und MitarbeiterInnen hatten in Hilferufen an die Bildungsverwaltung immer wieder von einem „Klima der Angst“ gesprochen.

Diese Anschuldigungen, betonte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Montag, habe sie „sofort sehr ernst genommen.“ Es gehe darum, sich „systematisch die ganze Schule anzuschauen“, sagte Scheeres. „Wie konnte es passieren, dass diese Dinge solange unter den Teppich gekehrt werden konnten?“

Insgesamt 25 „ausführliche Gespräche“ mit 45 MitarbeiterInnen der Schule und SchülerInnen habe man seit Einsetzung der Kommission im Januar geführt, sagt Brunswicker. „Klima der Angst“ möge sich zwar reißerisch anhören, aber „in der Häufung der sehr klaren Aussagen“ bestätige sich dieses Bild. „Die Schüler hatten keine Ansprechpartner, an die sie sich wenden konnten. Sie hatten keine Chance, Ernst genommen zu werden.“ Ein besonderes Problem seien die „massive Erschöpfung“ durch viele abendliche Auftritte gewesen: „Da können wir von Kindeswohlgefährdung sprechen.“

Auch die Notengebung sei intransparent gewesen, insbesondere was die künstlerische Bewertung angeht: „Die Schüler waren immer damit konfrontiert, die Schule verlassen zu müssen. Das wurde als extreme Disziplinierungsmaßnahme verstanden.“ Alles in allem, sagte Brunswicker, „gab es unglaubliche Anforderungen bei einem gleichzeitig fehlenden Kinderschutzkonzept.“

Nicht vorhandene „Demokratiekultur“

Einigermaßen fassungslos war Brunswicker über die laut Bericht quasi nicht vorhandene „Demokratiekultur“ und Transparenz an der Schule. Schulkonferenzen, wo auch Eltern und SchülerInnen mit am Tisch sitzen, hätten quasi über Jahre nicht regelmäßig stattgefunden.

Im Laufe der Woche will auch die Clearingstelle der Senatsverwaltung ihren Bericht vorlegen. Die unabhängige, mit zwei PsychologInnen besetzte Anlaufstelle, soll ein Gesprächsangebot für SchülerInnen sein. Man sei im Austausch, sagt Brunswicker. Hat es sexualisierte Gewalt gegeben? „Die Clearingstelle sagt: Ja.“

Brunswicker betonte auch: „Es ist nicht so, dass ein Haufen finsterer Gesellen an der Schule Kinder quälen“. In den Gesprächen seien immer wieder zwei Namen gefallen – die aber offenbar unter dem Schutz der Schulleitung so handeln konnten. „Natürlich prüfen wir auch Disziplinarmaßnahmen“, sagte Scheeres. Die Schulleitung ist bereits seit Februar freigestellt.

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