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Wasserstoff vom Meer?

Vor Mecklenburgs Küste soll ein zweites deutsches Testfeld für Offshore-Windenergie errichtet werden. Auch die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff ist ein Thema

Von Dierk Jensen

Der Teufel steckt wie immer im Detail. Das weiß auch Andree Iffländer, wenn er über das geplante nationale Offshore-Testfeld rund elf Kilometer vor dem Strand von Warnemünde spricht. Der Vorsitzende des Industrieverbandes WindEnergy Network e.V. (WEN) mag sich aktuell nur ungern festlegen, für welche Technologien das Testfeld genutzt werden soll. Wasserstoffproduktion draußen auf dem Meer oder doch eher schwimmende Anlagen, Zweiflügler oder klassische Dreiflügler mit einer Leistung von 15 Megawatt (MW)?

Der Forschungsbedarf ist da, das Verbesserungspotenzial innerhalb der Offshore-Industrie als wichtigen Baustein in der Energiewende groß. Dennoch weiß derzeit immer noch keiner, was in dem Testfeld in der Ostsee, dessen Bau im Koalitionsvertrag von SPD und CDU explizit eingefordert wird, am Ende stattfinden wird. Unterdessen grübelt Christian Dahlke, zuständiger Abteilungsleiter im Schweriner Energieministerium, über einen klaren rechtlichen Rahmen für das geplante Testfeld: „Land und Bund müssen sicherstellen, dass gegenüber dem ausgewiesenen Testfeld im Küstenmeer keine Rechtsansprüche von Dritten gestellt werden können.“ Zudem müsse es Rechtssicherheit für die Stromtrasse vom Testfeld zum Festland geben. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht endgültig geboten.

Dabei ist eine Stromleitung geplant, die in der Lage ist, die gesamte Leistung des Testfeldes sowie die ebenso große Leistung des direkt daneben liegenden kommerziellen Offshore-Windparks mit aufzunehmen. Die Rede ist von insgesamt 24 Anlagen mit einer Leistung von rund 300 MW. Schon heute arbeitet der Netzbetreiber 50Hertz Transmission GmbH an dieser geplanten Trasse. „Wir sammeln Daten zu möglichen Trassen und Standorten und bereiten die entsprechenden gesetzlichen Schritte für die Genehmigungen vor. Parallel bereiten wir die Beschaffung der Netzanschluss-Komponenten vor“, erklärt Unternehmenssprecher Volker Klamm.

Während das Schweriner Energie-Ministerium im Dialog mit der zuständigen Generaldirektion Wassertrassen und Schifffahrt in Kiel und der Rostock Port GmbH steht, um die Bedenken gegenüber den Gefahren und Einschränkungen für die Schifffahrt auszuräumen, arbeitet die Stiftung Offshore-Windenergie, die vor mehr als zehn Jahren in der Nordsee schon das Testfeld alpha ventus auf den Weg brachte, hinter den Kulissen schon am Nutzungskonzept im neuen Testfeld.

Wahrlich keine leichte Aufgabe. Dies zeigt sich vor allem beim Thema Wasserstoff. Für viele Branchenexperten ist dies ein wichtiges Zukunftsthema; allerdings gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, ob und wenn ja wie dies in einem Offshore-Testfeld am Ende zu realisieren sei. Soll der Windstrom über die Trasse an Land zu einem großen Elektrolyseur geleitet werden? Oder soll, wie es sich das langjährige Vorstandsmitglied der Stiftung, Jörgen Thiele, vorstellen kann, der Windstrom direkt vor Ort im Testfeld auf dem Meer in Wasserstoff umgewandelt werden?

Bedenken wegen Gefahren und Einschränkungen für die Schifffahrt

An Kritik für beide Varianten mangelt es nicht. Während das geldgebende Berliner Wirtschaftsministerium eine Wasserstoffnutzung übers Kabel an Land aus Gründen der vermeintlichen Doppelsubventionierung kritisiert, käme wiederum für andere Branchenbeobachter die Wasserstoffaufbereitung auf See noch viel zu früh. „Mich ärgern diese ewigen Bedenkenträger. Man kann ja über alles diskutieren, aber ich finde, es sollten ergebnisoffene Diskussionen sein, die auch langfristig Perspektiven bieten“, hält Thiele entgegen. Für ihn gibt es noch einen weiteren Aspekt zu bedenken: „Woher nehmen wir überhaupt das reine Wasser für die Wasserstoffproduktion? So könnten wir durch eine Kombination von Meerwasserentsalzung und Elektrolyseuren direkt im Offshore-Testfeld grünen Wasserstoff bereitstellen – auch darüber müssen wir nachdenken.“

Ob sich nun die Wasserstoff durchsetzt, darüber werden sich in den nächsten Monaten die Moderatoren von der Offshore-Stiftung im Diskurs sowohl mit der Offshore-Industrie als auch mit den Vertretern der mecklenburgischen Landesplanung und Vertretern aus dem Bundeswirtschaftsministerium in vielen Gremiensitzungen noch die Köpfe heiß reden.

Klar ist schon heute: Das neue Testfeld bietet die Chance für eine Reihe begleitender Forschungen. Denn daran hapert es auf See in vielerlei Hinsicht, ob nun in Sachen Logistik, Werkstoffe, Recycling-Konzepte oder beim Thema Naturschutz. „Wir wünschen uns aus der Sicht des Naturschutzes natürlich ein genaues Monitoring in einem neuen Testfeld, um in Zukunft wirklich genauer als bisher sagen zu können, welche Auswirkungen Offshore-Windparks auf die Vogelwelt haben“, sagt beispielsweise Leonie Niekrandt vom Naturschutzbund in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn alle planerischen Bedenken ausgeräumt worden sind, soll ab 2024 das neue Testfeld seinen Betrieb aufnehmen.

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