: Museum mit neuer Chefin
Die Niederländerin Hetty Berg leitet künftig das Jüdische Museum. Mit dem BDS will sie nicht reden
Die neue Direktorin des Jüdischen Museums Berlin, Hetty Berg, will sich gegen wachsenden Antisemitismus in Deutschland einsetzen. „Die Lebenswirklichkeit für viele Jüdinnen und Juden hat sich in der Tat sehr verändert – in einem Ausmaß, das ich niemals für möglich gehalten hätte“, sagte Berg der Wochenzeitung Die Zeit. Gerade deshalb müsse die Rolle ihres Museums gestärkt werden: „Es muss vom großen Reichtum der jüdischen Geschichte und Kultur erzählen und sie lebendig werden lassen.“
Hingegen sehe sie es nicht als Aufgabe des Hauses, „die Politik der israelischen Regierung zu kritisieren“. Deshalb werde sie auch Mitglieder der israelkritischen BDS-Bewegung nicht zu Diskussionen einladen. „In einem Museum unter meiner Leitung gebe ich nur solchen Stimmen ein Forum, die sich von Ausgrenzung und Gewalt distanzieren und mit Respekt auf andere zugehen“, betonte sie mit Blick auf Vorwürfe in der Vergangenheit, das Museum habe israelskeptischen Stimmen zu großen Raum gegeben. „Nur das erlaubt eine differenzierte Beschäftigung mit sensiblen Themen“, sagte die 59-jährige Kulturwissenschaftlerin.
Solidarität mit Vorgänger
Bergs Vorgänger Peter Schäfer war im Juni 2019 nach harscher Kritik unter anderem an einem Tweet seiner Pressestelle von seinem Amt zurückgetreten. In dem Tweet war auf einen Zeitungsartikel über eine Erklärung israelischer und jüdischer Wissenschaftler verwiesen worden, die gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestags Stellung bezogen hatten. BDS fordert den Boykott Israels wegen der Besatzungspolitik.
Die neue Leiterin äußerte Bedauern über Schäfers vorzeitigen Rückzug. Die Beweggründe für seinen Abgang könne sie nicht beurteilen, sagte sie der Zeit. Gegen Schäfers Rücktritt hatte es internationale Proteste gegeben. Auch Berg protestierte damals, wie sie sagte: „Ich habe einen offenen Brief unterzeichnet, aus Solidarität mit einem Kollegen.“
Der Historiker und Publizist Michael Wolffsohn forderte unterdessen eine Neuausrichtung des Jüdischen Museums Berlins. „Um das Museum zu retten, bedarf es neuer, jenseits der üblichen Phrasen durchdachter gesetzlicher Vorgaben“, erklärte Wolffsohn in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung (Mittwoch). „Deutschjüdisches Leben war stets weltweit vernetzt, aber kein Museum kann zugleich Deutschland, Nahost oder die ganze Welt darstellen oder gar erforschen“, fügte er hinzu. Damit bezog sich Wolffsohn auf den sehr weit gefassten, gesetzlich festgelegten Stiftungszweck des Museums. (epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen