piwik no script img

corona in bremen„Einen Schritt zurücktreten“

Foto: privat

Ralf Besser, 66, ist Coach, Spielentwickler in Bremen und Gründer der „Ralf-Besser-Stiftung für Lebens-werte(s)“.

Interview Sophie Lahusen

taz: Herr Besser, Sie haben ein Spiel zur Corona-Krise entwickelt – finden Sie nicht, dass wir uns schon genug damit auseinandersetzen müssen und Uno oder Activity da nicht die bessere Ablenkung wäre?

Ralf Besser: Gegen Uno oder Activity ist nichts einzuwenden. Das Spiel strebt allerdings keine Ablenkung, sondern eine andere Art der bewussten Auseinandersetzung an. Die Nachrichten über die Corona-Krise drehen sich oft im Kreis. Das Spiel soll im Kern neue Perspektiven eröffnen. Man kann sich in jemand anderen hineinversetzen: „Wenn ich ein Politiker oder eine Krankenschwester wäre?“ oder „Wenn ich ein Geschäft hätte!“. In dem Spiel sind Situationen beschrieben, die man vorher vielleicht nicht bewusst wahrgenommen hat. Und so denkt man über Aspekte einmal anders nach.

Macht das Spiel trotzdem noch Spaß?

Es macht bereits Spaß beziehungsweise es erleichtert, einmal aus gewohnten Denkschleifen herauszukommen. Es geht bei dem Spiel überhaupt nicht um Richtig oder Falsch, sondern darum, andere Perspektiven einzunehmen. So lässt sich der eigene Denkraum erweitern. Im Moment wird ja alles mehr oder weniger problemorientiert diskutiert. Ich habe bewusst Humoristisches über ungewöhnliche Situationen eingebaut. Beispielsweise muss man sich bei einer Karte vorstellen, dass man mit dem Virus sprechen kann. „Was würde man ihm dann sagen, worüber sich mit ihm austauschen?“

Bei persönlichen und finanziellen Krisen durch Corona ist vielen aber sicherlich nicht nach Spielen zumute ...

Die Spiele „Deutschland steht still – was tun?” und „Hilfe zur Selbsthilfe – Was tun? in der Krise!” werden je an 100 Bremer Haushalte verschenkt. Bei Interesse bitte eine Mail an: mail@besser-wie-gut.de

Ja, solch eine Kritik habe ich auch erhalten und daher ein weiteres Spiel entwickelt, ein eher ernsthaftes Klärungstool. Man kann damit strategisch seine Situation durchspielen. Es folgt im Kern dem Spruch: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Wie kann man dazu seine eigene Haltung sinnvoll verändern? Bei den veränderbaren Dingen lassen sich Ideen entwickeln, die helfen, anders mit der Situation umzugehen. Das ist nicht unbedingt einfach, aber auch dieser Perspektivwechsel ist hilfreich.

Das Tool heißt „Hilfe zur Selbsthilfe“ – was bedeutet das für Sie in dieser Situation?

Einen Schritt zurückzutreten, um einmal aus der eigenen Betroffenheit herauszukommen. So lässt sich einmal probeweise eine neutrale Perspektive einnehmen. Viele fühlen sich und sind gerade auch sehr fremdgesteuert. Letztendlich steckt in jeder Situation jedoch immer auch eine Chance. Die gilt es für sich selbst zu erkunden. Ob man sie wahrnimmt oder wahrnehmen möchte ist natürlich eine andere Frage.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen