Auch NRW rückt Kohle raus

Ansässige Unternehmen sollen flüssig bleiben – und schnell Kredite bekommen

Von Andreas Wyputta, Bochum

Mit einem 25 Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm will Nordrhein-Westfalen die Wirtschaft vor der drohenden Rezession schützen. „Das ist das größte Hilfsprogramm seit Gründung des Landes NRW im Jahr 1946“, sagte CDU-Ministerpräsident Armin Laschet nach einem per Videokonferenz abgehaltenen Wirtschaftsgipfel. „Kein gesundes Unternehmen“ solle durch schnell wegbrechende Umsätze zahlungsunfähig werden, sagte der Regierungschef. „Bei 25 Milliarden reden wir über ein Drittel des gesamten NRW-Landes­haus­halts.“

In ihren Frühjahr-Prognosen hatten führende Wirtschaftsforschungsinstitute unmittelbar zuvor vor einem Konjunktureinbruch gewarnt. Die genaue Entwicklung ist aber schwer einschätzbar: So hofft das als gewerkschaftsnah geltende Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin auf ein Minus von nur 0,1 Prozent des Bruttosozialprodukts – allerdings sei dies ein „sehr optimistisches Szenario“, so DIW-Präsident Marcel Fratscher.

Das Essener RWI rechnet dagegen damit, dass das deutsche Bruttosozialprodukt 2020 um 0,8 Prozent sinkt. Das Münchener Ifo-Institut kommt auf ein Minus von 1,5 Prozent – bei mehrmonatigem Produktionsstillstand seien aber auch minus 6 Prozent denkbar. Und in Kiel warnt das Institut für Weltwirtschaft (IfW) gar vor einem Wirtschaftseinbruch von 4,5 bis 8,9 Prozent. Selbst im günstigeren Fall entspräche dies einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund 150 Milliarden Euro.

Bayerns CSU-Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder forderte vom Bund prompt ein 100 bis 150 Milliarden schweres Hilfspaket für notleidende Firmen. Zur Bekämpfung des Coronavirus drohte Söder aber gleichzeitig mit einer Bayern-weiten Ausgangssperre – und klang dabei wie die Regierungschefs von Baden-Würt­tem­berg, Wilfried Kretschmann (Grüne) und des Saarlands, Tobias Hans (CDU).

In Düsseldorf verteidigte Ministerpräsident Laschet die weiterhin geöffneten Grenzen zu den Niederlanden und Belgien. Lieferketten müssten aufrechterhalten werden, argumentierte er – und verwies auf den bis zu 60 Kilometer langen Lkw-Stau, der sich an der deutsch-polnischen Grenze gebildet hat: „Lebensmittel, die vergammeln, Medikamente, die nicht ankommen: Das ist doch keine Lösung“, so Laschet. Stattdessen appellierte er: „Jeder Einzelne hat es in der Hand zu verhindern, dass es Ausgangssperren gibt.“

Unternehmen verspricht seine Regierung dagegen schnelle Hilfe: Großbürgschaften von mehr als 2,5 Millionen Euro sollen innerhalb von einer Woche, kleinere bis 250.000 Euro innerhalb von drei Tagen bewilligt werden, versprach NRW-Wirt­schafts­minis­ter Andreas Pinkwart (FDP): „Kein anderes Land – auch Bayern nicht – erleichtert Bürgschaften in diesem Maße.“ Ein vom Kabinett Söder beschlossene Lan­des-­Hilfs­paket umfasst lediglich 10 Milliarden Euro.

Finanziert wird das 25 Milliarden Euro schwere Hilfspaket durch Neuverschuldung. Die schwarz-gelbe Regierung setzt damit auf keynesianisches Deficit Spending, das jahrelang von linken Ökonomen gefordert wurde. Ziel sei, die „Grundlagen der Wirtschaft zu bewahren“ statt nach überstandener Krise „zerstörte Strukturen“ vorzufinden, betonte NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper. Auch die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds in NRW, Anja Weber, sowie Unter­neh­mens­ver­bands-­Präs­ident Arndt Kirchhoff stützen diesen Kurs. „Nach der Krise“, ist sich NRW-Kassenwart Lienenkämper sicher, werden wir die haushaltspolitischen Überschüsse haben, um die Schulden zurückzuzahlen.“