Insel der Seligen und „sicheres Reiseland“

Anders als Peru, Kolumbien oder Ecuador hat Kuba seine Grenzen nicht geschlossen

Mit dem Slogan „Varadero ist ein kompetentes Ziel, um der Pandemie Covid-19 vorzubeugen“ warb am Montag dieser Woche Mario Sabines Lorenzo um internationale Besucher. In der Provinz Matanzas, einer von fünfzehn Provinzen des Landes, befindet sich mit Varadero der Hotspot der kubanischen Tourismusindustrie. Auf dem internationalen Airport von Matanzas kommt das Gros der Kubabesucher an.

Kuba werde auch weiterhin Touristen empfangen, sagte Grisel López Fumero, ranghohe Direktorin im Tourismusministerium, auf einer Pressekonferenz am letzten Wochenende an und verwies auf das gute Gesundheitssystem der Insel und die Wünsche der Besucher. „Einige Touristen haben angekündigt, die Epidemie lieber in Kuba zu verbringen, wo sie sicherer und besser betreut werden als in ihren jeweiligen Ländern“, so López Fumero.

Mit rigiden Kontrollen am Airport und ausreichenden Quarantäneplätzen soll die Infektionsquote niedrig gehalten werden. Eine Ausbreitung des Virus soll mit einer Reihe von präventiven Maßnahmen verhindert werden, über die das Onlineportal Cubadebate berichtet. So wurden infolge der Rekonstruktion der Infektionskette der Patienten mehrere Dutzend Personen im IPK isoliert. Darüber hinaus wurden sämtliche Großveranstaltungen abgesagt. Die Bevölkerung soll Chlorlösung über das staatliche Zuteilungssystem erhalten, in Havanna werden die Stadtbusse regelmäßig desinfiziert. Familienärzte und Pflegekräfte sind dazu aufgerufen, Atemwegserkrankungen besonders zu beobachten. Eltern sollen kranke Kinder nicht zur Schule schicken, Beschäftigte bei entsprechenden Symptomen zu Hause bleiben.

In den sozialen Medien gibt es Kritik, auch vonseiten kubanischer Ökonomen wie Pedro Monreal: „Es erscheint nicht vernünftig, das Risiko einzugehen, die Zahl der Virusträger über den Tourismus zu erhöhen“, schreibt Monreal, der für eine UN-Organisation außerhalb Kubas arbeitet, auf seinem Twitter-Account.

Auf der Insel wird das nicht unbedingt so gesehen. „Zum einen sind nahezu alle Flüge aus den Regionen mit hoher Infektionsquote storniert, zum anderen steckt die Regierung in einer Zwickmühle. Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle“, so Omar Everleny Pérez. Der Ökonom ist unabhängiger Analyst und kennt die finanziellen Nöte der Regierung en détail. „Kuba ist weder in der Lage, die Lieferanten zu bezahlen, noch, die Kredite beim Pariser Club zu bedienen – die Regierung steht mit dem Rücken zur Wand“, so der Wissenschaftler aus Havanna. Ein wesentlicher Grund, weshalb sich Havanna auf sein Gesundheitssystem verlässt.

Qualifizierte Mediziner und Krankenhauspersonal sind vorhanden, allerdings sieht es bei der Ausstattung der Kliniken mit Medikamenten und Medizinprodukten nicht rosig aus. Das gesundheitspolitische Vabanquespiel im Zeichen der finanziellen Nöte birgt Risiken.

Knut Henkel