: Eine bizarre Angelegenheit
Seit Dienstagmorgen können sich vermeintlich Coronavirus-Infizierte in der Mittelallee 1 in Wedding testen lassen. Diese gesonderte Anlaufstelle wurde eingerichtet, um Arztpraxen und Rettungsstellen zu entlasten. Außerdem muss so das Personal nach einer Untersuchung nicht unter Generalverdacht gestellt werden, da abgeschirmt getestet wird. Es sollen in Berlin noch vier bis sechs weitere Anlaufstellen eröffnet werden.
Um 10.40 Uhr, erste Eindrücke: ein weißes Zelt, versteckt, hinter der Untersuchungsstelle der Charité. Etwa zehn Menschen mit Atemmasken stehen an, sie halten Abstand voneinander, dick eingepackt mit Schal und Kapuze. Ein Arzt mit spezieller Atemmaske und blauer Schutzkleidung, der ausdrücklich nicht für die Presse zur Verfügung steht, verteilt Atemmasken und Wartenummern.
Kurze Zeit später werden es immer mehr Menschen und der leitende Arzt verweist auf das Zelt. Dort sitzen die Verdachtsfälle nah beieinander. Er erklärt jetzt, dass ungefähr eine Stunde gewartet werden müsse, bis die Verdachtsfälle, jeweils in Dreiergruppen, in die Untersuchungsstelle geführt werden. Dort würden sie zunächst befragt, etwa nach Aufenthalten in Risikogebieten, bevor dann der Test vorgenommen werde.
Das Ergebnis bekämen die potentiell Infizierten erst am nächsten Tag – bis dahin herrsche strenge Quarantäne in den eigenen vier Wänden. Verantwortlich sind die Verdachtsfälle dafür selbst – eine recht leichtsinnige Art, Quarantäne zu verhängen.
Eine junge Frau erzählt, ihr Hausarzt habe sie auf die Anlaufstelle verwiesen, da sie Symptome bekommen und sich an einem Pariser Flughafen aufgehalten habe. Eine andere Frau sagt, sie sei Erzieherin und müsse sich deshalb testen lassen. „Von wegen vorbereitet“, sagt sie und erzählt, sie habe die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gewählt, die auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums angegeben ist – und kam nicht durch. Sie habe daraufhin beim Gesundheitsamt angerufen, welches ihr den Amtsarzt vorbeischicken wollte. Dann revidierte das Amt die Aussage wieder: Ein Amtsarzt würde generell nicht geschickt und den spezifischen Test habe ohnehin nur die Untersuchungsstelle der Charité. „Es gab sehr viele Fehlinformationen“, so die Erzieherin.
Ein Mann von der Presse fotografiert das Geschehen. Der leitende Arzt mahnt ihn ausdrücklich ab: „Keine Fotos!“ „Die Menschen haben ein Recht auf Information!“, ruft der Fotograf. „Ich habe aber das Hausrecht!“, antwortet der Arzt und verschwindet in der Anlaufstelle. Alissa Geffert
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