: Riss durch die Schalker Fanfamilie
Beim 0:3 in Köln macht der junge Keeper Alexander Nübel schon wieder einen Fehler und wird recht gnadenlos ausgepfiffen
Aus Köln Daniel Theweleit
Auch innerhalb des Teams sind sie natürlich alles andere als glücklich über das leidige Torwartthema, das seit Wochen immer wieder neue Blüten treibt. Nun stand Nübel also inmitten eines mobbenden Stadions. Die einen artikulierten ihren Zorn, die anderen machten sich lustig. „Ich weiß nicht, auf was für einem Weg unsere Gesellschaft ist“, sagte Schneider nachdenklich. „Aber wir im Fußball sind da vorne mit dabei.“ Nübel wollte eigentlich sofort in die Kabine flüchten, der Mitspieler Amine Harit zog ihn nach dem Abpfiff jedoch mit in die Kurve. Manche Beobachter glaubten, Tränen in den Augen des künftigen Münchners gesehen zu haben. Zuvor hatten die Schalker Anhänger schon Dietmar Hopp beschimpft, nicht nur einzelne Verirrte, sondern eine deutlich hörbare Masse im Block. Sie schlossen sich damit den Aktionen der Münchner, der Kölner und der Dortmunder an, auch das hatte Schneider genau wahrgenommen. „Diese wenigen Menschen nehmen 99,9 Prozent der Zuschauer, den Kindern im Stadion, ihr Hobby weg“, sagte der Funktionär und fragte sich: „Mit welcher Arroganz treten die hier auf, um anderen Leuten das Hobby kaputt zu machen?“ An den Schmähungen gegen Nübel beteiligte sich aber ein erheblich größerer Anteil als die von Schneider genannten 0,1 Prozent.
Der Torhüter mochte verständlicherweise nicht sprechen nach diesem Abend, an dem er womöglich sein letztes Spiel für Schalke 04 absolviert hat. David Wagner blieb jedenfalls vage, als er zur Zukunft des Torhüters befragt wurde. Er müsse diese Niederlage „erst mal sacken lassen“. Aber es ist absehbar, dass rund um das Pokalspiel gegen den FC Bayern am Dienstag neue Nübel-Schmähungen aus dem königsblauen Zuschauerreihen kommen werden. Die Schalker beschädigen gerade ihr eigenes Selbstbild. „Was Schalke 04 immer noch ausmacht, ist der Zusammenhalt in schwierigen Phasen“, erklärte Schneider. Normalerweise heißt es, gerade der Teil des Publikum, der mit zu den Auswärtspartien reist, sei auf dieser Ebene besonders zuverlässig. In Köln brach die Einheit aus Gelsenkirchen jedoch auseinander. Es ist ein neuer Tiefpunkt in der schwierigsten Phase, die die der Klub in dieser Saison erlebt.
Sechs Bundesligapartien am Stück haben die Schalker nun schon nicht mehr gewonnen, bei einem Torverhältnis von 1:14 in dieser Phase. Viele Leistungsträger sind verletzt, am Tag vor der Reise an den Rhein wurde die lange Liste der Ausfälle auch noch mit Omar Mascarell, der mit einer Adduktorenverletzung erst in der kommenden Saison wieder spielen kann, und Suat Serdar (gebrochener Zeh) ergänzt. Ozan Kabak musste am Samstag nach einem Sturz zur Untersuchung in ein Krankenhaus. Die in der Hinrunde so wunderbare Saison der Schalker bricht gerade krachend in sich zusammen. Am kommenden Dienstag im Viertelfinale des DFB-Pokals treffen daher „zwei Welten aufeinander“, sagte Allessandro Schöpf, „bei uns sieht es schlecht aus, bei den Bayern überragend“. Es droht die nächste Katastrophe für Gelsenkirchener, die in Köln keinen einzigen Angriff sauber bis zu einem klaren Torabschluss zu Ende brachten. „Wir müssen da durch“, erklärte Wagner trocken, Vorfreude verspürt derzeit niemand auf dieses Fußballspiel, das eigentlich ein Fest werden sollte.
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