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CDU räumt Posten

Nach der Wahlniederlage ist bei der CDU klar, wer gehen soll. Die Partei gibt sich bereit für einen Neustart. Dafür jedoch fehlt es an Personal mit Ambitionen und politischen Profil

Darf bald wohl nicht mehr den Fraktionschef spielen: André Trepoll (Mitte) Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Von Marco Carini

Für Marcus Weinberg ist kein Platz. Weil der CDU-Spitzenkandidat über keinen der 17 Wahlkreise abgesichert war, hat es trotz Platz eins auf der CDU-Landesliste nicht für den Sprung in die Bürgerschaft gereicht. So kann Weinberg nicht – wie CDU-intern vereinbart für den Fall, dass die Christsozialen in der Opposition bleiben – Fraktionschef der Rathaus-CDU werden.

Die Hamburger Parteispitze ist besetzt und nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass die SPD auf Rot-Schwarz statt Rot-Grün setzt, gäbe es noch eine sinnvolle Tätigkeit für den Wahlverlierer Weinberg: als Senator. Der taz hatte er kurz vor der Wahl noch versichert: „Ich verschwinde nicht nach Berlin.“ Wahrscheinlicher aber ist, dass der 52-Jährige sein Versprechen, in Hamburg zu bleiben statt in den Berliner Bundestag zurückzukehren, schon bald brechen wird.

In Hamburg hält Weinberg außer seiner Familie kaum etwas. Wie schon die letzten beiden CDU-Spitzenkandidaten, die sich – chancenlos zum Bürgermeister gewählt zu werden – aus Parteiräson zum Spitzenkandidaten küren und im Wahlkampf verschleißen ließen, ist auch Weinberg nach der Wahlniederlage in Ungnade gefallen.

Statt tröstender Worte setzte es parteiintern heftige Anwürfe von denen, die nun ganz genau zu wissen glauben, wie ein erfolgreicher Wahlkampf hätte aussehen müssen.

Das Bashing hat Methode. Christoph Ahlhaus, Dietrich Wersich, der ebenfalls nicht wieder in die Bürgerschaft einzieht, und eben nun Marcus Weinberg, sie alle können ein Lied davon singen, wie ungnädig Hamburgs CDU mit ihren durchgefallenen Spitzenkandidaten nach einer verlorenen Wahl umgeht. Geholt, gefeiert, verbrannt, entsorgt.

Doch nicht nur Marcus Weinberg hat in der Hamburger Führungsriege, egal ob Partei oder Fraktion, keine Zukunft mehr. Auch Fraktionschef André Trepoll, dem viele Parteifunktionäre übel nehmen, dass er die Spitzenkandidatur beharrlich verweigerte, soll abgelöst werden. Favorit für seine Nachfolge ist der bisherige verkehrspolitische Sprecher und Fraktions-Vizechef Dennis Thering, der dem konservativen Flügel der Partei angehört.

Statt tröstender Worte setzte es nach der Wahlniederlage parteiintern heftige Anwürfe gegen Marcus Weinberg

Und auch Parteichef Roland Heintze, dessen aktuelle Amtszeit im Sommer endet, steht bei vielen Hamburger ChristdemokratInnen auf der Abschussliste. Sein Versuch, die Partei moderner aufzustellen und wieder zum politischen Faktor in Hamburg zu machen, gilt spätestens seit der Bürgerschaftswahl-Niederlage als komplett gescheitert. Die CDU verfügt über kein klares inhaltliches Profil. Konservativ oder liberal, Autofahrer-Partei oder Speerspitze für eine ökologische Verkehrswende – bei Hamburgs Christdemokraten weiß niemand so ganz genau, woran er ist.

Die nun parteiintern eingeforderte personelle Erneuerung, sie krankt daran, dass die CDU auch in ihrer zweiten Reihe kaum über PolitikerInnen mit Profil verfügt. Der smarte Hamburger Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß gilt als zu konservativ und die Neu-Bürgerschaftsabgeordnete Anke Frieling als politisch zu unerfahren für den Parteivorsitz.

Mögliche KandidatInnen dafür könnten der Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries oder die Hamburger Sozialpolitikerin und Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver sein. Letztere auch, weil die männerdominierte CDU schon lange, und fast etwas verzweifelt, nach einem weiblichen Aushängeschild sucht. Doch weder de Vries noch Stöver trauen sich bislang aus der Deckung. Sie werden wissen, warum.

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